Nach Protesten

Hongkonger Regierung zieht Auslieferungsgesetz zurück

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Regierungschefin Lam erfüllt wichtigste Forderung der Demokratie-Aktivisten

Die Regierung der chinesischen Sonderverwaltungszone Hongkong hat den Entwurf des umstrittenen Gesetzes für Auslieferungen nach Festland-China komplett zurückgezogen. Das teilte Regierungschefin Carrie Lam am Mittwoch nach einem Treffen mit Abgeordneten mit.
 
Mit dem formellen Rückzug erfüllt die Regierungschefin eine Hauptforderung der Demonstranten, die seit Monaten gegen das Gesetz in Massen auf die Straße gehen.

Aktivisten reicht das allein nicht

In ersten Reaktionen äußerten Aktivisten ihre Erleichterung, machten aber deutlich, dass ihnen der Rückzug nicht ausreicht. Die weiteren vier Forderungen der Demonstranten sind der Rücktritt der Regierungschefin, eine unabhängige Untersuchung übermäßiger Polizeigewalt gegen die Demonstranten, die Freilassung von Festgenommenen und eine Rücknahme des Vorwurfs des "Aufruhrs".
 
Viele Demonstranten fordern darüber hinaus noch politische Reformen und wirklich freie Wahlen. "Wenn sie die Sprechchöre der Leute in den Märschen hören, dann sind es die fünf Forderungen und nichts weniger", sagte Bonnie Leung von der Civil Human Rights Front, die große Demonstrationen organisiert hatte. Vielen dürfte der Rückzug des Gesetzes nicht weit genug gehen, wenn es nicht eine Untersuchung der Polizeigewalt gebe. "Ohne eine unabhängige Untersuchung kann unsere Gesellschaft einfach nicht voranschreiten, weil wir jetzt sehen, dass die Polizei jeden Tag wahllos Leute verprügelt", sagte Leung.
 
Der Gesetzesentwurf war bereits auf Eis gelegt. Mit einem formellen Rückzug demonstriert Lam erstmals entscheidendes und konkretes Entgegenkommen gegenüber den Gegnern des Gesetzes.
 
Das Gesetz hätte Auslieferungen von verdächtigten Personen nach China erlaubt, obwohl dessen Justizsystem nicht unabhängig ist und häufig als Werkzeug politischer Verfolgung benutzt wird. Nach den ersten Protesten hatte die Regierungschefin den Entwurf zunächst abgeschwächt, dann ausgesetzt und später für "gestorben" erklärt, ohne ihn aber komplett zurückzunehmen.
 
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