Der Sudan und der Tschad haben ein Friedensabkommen unterzeichnet. Unterdessen hat der Völkermord in Darfur einen Höhepunkt erreicht.
Ein dumpfes Grollen durchschneidet die Stille. Dann fallen die Bomben: Schreie, Häuser gehen in Flammen auf, Frauen und Kinder laufen um ihr Überleben. Kampfbomber der sudanesischen Armee kreisen über den Dörfern und legen mit ihren Bomben ganze Landstriche in Schutt und Asche. Nach Darfur ist die Hölle zurückgekehrt, berichtet der Independent. Die sudanesische Armee hat zusammen mit ihren verbündeten arabischen Milizen, den Dschandschawid, eine neue Apokalypse entfacht. Den brutalen Attacken fielen Hunderte Zivilisten zum Opfer, Tausende sind geflüchtet. Die Schlächter haben es besonders auf den Westen Darfurs, an der Grenze zum Tschad, abgesehen.
12.000 Menschen auf der Flucht
„Seit Monaten werden unsere
Flüchtlingslager regelrecht überrannt. Täglich treffen Hunderte neue
Flüchtlinge ein“, berichtet Wolfgang Tyderle, Nothilfe-Koordinator von
Care-Deutschland, von den riesigen Lagern rund um Nyala in Süd-Darfur
gegenüber ÖSTERREICH. „Zudem sind allein im Februar 12.000 Menschen vom
Sudan in den Tschad geflüchtet“, weiß Tyderle. Die Lage werde immer
dramatischer, es fehlt an Trinkwasser, Medikamenten und
Grundnahrungsmitteln. „Und an einer Perspektive für die traumatisierten
Menschen“, so Tyderle. Fünf Jahre nach dem Ausbruch der Kämpfe, die bisher
rund 200.000 Menschen das Leben gekostet und 2,5 Mio. zu Flüchtlingen
gemacht haben, steuert die laut UN „schlimmste humanitäre Katastrophe der
Welt“ einem neuen Höhepunkt entgegen.
Tausende Kilometer weiter westlich, in der senegalesischen Hauptstadt Dakar, haben die Verantwortlichen des Blutvergießens, der sudanesische Präsident al Bashir und sein tschadischer Amtskollege Déby unterdessen wieder einmal ein Friedensabkommen geschlossen. Das sechste innerhalb der letzten fünf Jahre. Beide Seiten versicherten am Vorabend des Gipfeltreffens der Islamischen Konferenz die Aktivitäten der Rebellen im Grenzgebiet eindämmen zu wollen.
Hölle auf Erden
Und während sich die Kriegsherren als
Friedensbringer feiern lassen, erwartet die Überlebenden der Luftangriffe in
Darfur die Hölle auf Erden. Nachdem Soldaten ihre Hütten geplündert und
niedergebrannt haben, stehen laut Zeugenberichten Massenvergewaltigungen
an der Tagesordnung. Unter den Opfern: Mädchen, nicht älter als zehn Jahre.
Es ist eine Politik der „verbrannten Erde“, die jede Rückkehrmöglichkeit
unmöglich machen soll. Und das direkt vor den Augen einer zahnlosen, weil
unterbesetzten UN-Friedenstruppe Selbst die beschwörenden Worte des neuen
UN-Friedensbotschafters George Clooney haben nur wenig geholfen. Die Welt
verschließt weiter die Augen. Doch die Hoffnung stirbt zuletzt: Vielleicht
kann das neue Abkommen zumindest die neu entbrannten Kämpfe ein wenig
eindämmen.
Hauptquartier der österreichsichen Tschad-Soldaten verlegt
Das
österreichische Bundesheer hofft auf einen wirklichen Frieden im
Einsatzgebiet.
Der Friedensschluss zwischen Tschad und Sudan wird beim österreichischen Bundesheer mit Genugtuung registriert. „Zweifellos erleichtert ein friedliches Umfeld unseren EUFOR-Soldaten die Arbeit“, sagte der Sprecher des österreichischen EUFOR-Kontingents, Major Wolfgang Schneider, gegenüber ÖSTERREICH. Dies sei gerade jetzt wichtig, wo die Bundesheersoldaten mit der Schaffung einer ersten Infrastruktur in ihrem Einsatzgebiet bei Darfur beschäftigt seien.
Hauptquartier Abéché
Ungefähr 115 der insgesamt 145
Mann befinden sich seit Donnerstag in der ost-tschadischen Stadt Abéché, die
restlichen zirka 30 Soldaten verbleiben vorläufig im Lager in der Hauptstadt
N’Djamena. Dort befindet sich die Logistikzentrale für alle Flüge von und
nach Österreich.
Neben der Errichtung der Zeltlager in Abéché widmen sich die österreichischen EUFOR-Soldaten laut Schneider der Planung von gemeinsamen Patrouillenfahrten mit den anderen EUFOR-Staaten. „Jedem Land ist ein bestimmtes Gebiet nahe der Grenze zum Sudan zugewiesen“, ergänzte Schneider.
Man werde sich weiterhin keinesfalls in innertschadische Angelegenheiten einmischen. Ziel der Mission sei es vielmehr, den humanitären Hilfsorganisationen ihre Arbeit bei der Flüchtlingsbetreuung zu ermöglichen.
Bei den Patrouillen kommen eigens für den Wüsteneinsatz modifizierte Puch-G-Geländefahrzeuge zum Einsatz. „Unser EUFOR-Kontingent verfügt weiters über Allschutzfahrzeuge und Unimogs“, so Schneider abschließend. (muw)