Iran-Proteste: Zwei weitere Demonstranten hingerichtet

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Die iranische Justizbehörde gab am Samstag bekannt, dass zwei Männer in der Früh gehängt worden seien.  

Im Iran sind zwei weitere Demonstranten hingerichtet worden. Die iranische Justizbehörde gab am Samstag bekannt, dass zwei Männer in der Früh gehängt worden seien. Sie sollen während der systemkritischen Proteste im November für den Tod eines Angehörigen der Sicherheitskräfte verantwortlich gewesen sein, so die Justiz auf ihrem Webportal Mizan. Unterdessen hat die Führung in Teheran den Polizeichef des Landes entlassen.

Die Absetzung von Hussein Ashtari erfolgte am Samstag durch Staatsoberhaupt Ajatollah Ali Khamenei, wie die Nachrichtenagentur Isna berichtete. Ein Grund für den Wechsel an der Spitze der Polizei wurde nicht genannt.

Bereits vier Personen hingerichtet

Die Zahl der hingerichteten Demonstranten im Zuge der mehr als dreimonatigen systemkritischen Proteste ist mittlerweile auf vier gestiegen. Der 22-jährige Mohammed-Mehdi Karami und der 20-jährige Seyyed-Mohammed Hosseini seien "die Haupttäter des Verbrechens, das zum ungerechten Martyrium von Ruhollah Ajamian geführt hat", meldete die staatliche die Nachrichtenagentur IRNA unter Berufung auf die Justiz. Nach Angaben der Justizbehörde hatten die beiden Männer vor Gericht zugegeben, bei Protesten in Karaj, einem Vorort der Hauptstadt Teheran, den angeblich unbewaffneten Sicherheitsbeamten mit einem Messer erstochen zu haben. Das Gnadengesuch der beiden Angeklagten wurde dem Mizan-Bericht zufolge vom obersten Gerichtshof abgelehnt und das Todesurteil bestätigt.

Wegen des Todes von Ajamian, eines Mitglieds der Basij-Miliz, wurden drei weitere Menschen zum Tode verurteilt. Elf Angeklagte erhielten Haftstrafen. Die Miliz ist eine paramilitärische Freiwilligen-Einheit und den mächtigen Revolutionsgarden zugeteilt. Sie spielt bei dem massiven Vorgehen gegen Demonstrantinnen und Demonstranten eine wichtige Rolle.

Im Zuge der landesweiten Proteste waren im Dezember bereits der Rap-Musiker Mohsen S. und Majid Reza R. wegen angeblichen Mordes und versuchten Mordes an zwei Basij-Mitgliedern hingerichtet worden. Die Hinrichtungen sorgten im In- und Ausland für Entsetzen. Die EU beschloss daraufhin auch wegen der schweren Menschenrechtsverletzungen weitere Sanktionen gegen den Iran.

Die Sanktionen haben laut Experten die bereits akute Wirtschaftskrise noch weiter verschärft. Die nationale Währung Rial hat nach den Protesten über 25 Prozent an Wert verloren. Angesichts der Entwicklungen im Land ist kein Ende der Finanzkrise in Sicht. Einige Beobachter befürchten gar einen Wirtschaftskollaps in dem ölreichen Land.

EU entsetzt

Die EU äußerte sich entsetzt über die Hinrichtung der beiden Männer. "Die Europäische Union appelliert erneut an die iranischen Behörden, die scharf zu verurteilende Praxis der Verhängung und Vollstreckung von Todesurteilen gegen Demonstranten unverzüglich einzustellen", betonte ein Sprecher von EU-Außenbeauftragtem Josep Borrell. Die EU appelliert ferner an die Behörden, die jüngsten Todesurteile, die im Zusammenhang mit den anhaltenden Protesten bereits verhängt wurden, unverzüglich aufzuheben und allen Inhaftierten ein ordnungsgemäßes Verfahren zu gewähren.

Die Präsidentin des Europaparlaments, Roberta Metsola, rief am Samstag zu einer stärkeren Unterstützung der Demonstranten im Iran auf - und zu einer schärferen Verurteilung des Vorgehens der iranischen Führung. Man müsse "aufstehen" und den Frauen und Männern beistehen, die im Iran für Leben und Freiheit auf die Straße gingen, sagte Metsola auf einer CSU-Landesgruppenklausur im Kloster Seeon in Oberbayern. Das seien Dinge, die man in Europa als gegeben hinnehme. "Aber es ist unsere Aufgabe als Union, diese weltweit immer wieder zu verteidigen, zu unterstützen und einzufordern." CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt fügte hinzu, man sei sich einig, dass es Sanktionen gegenüber den Revolutionsgarden brauche.

Amnesty International erklärte, im Falle Karamis, eines Karate-Champions, habe sich das Gericht auf erzwungene Geständnisse gestützt. Hosseinis Anwalt Ali Sharifsadeh Ardakani schrieb Mitte Dezember in einem Tweet, sein Mandant sei schwer gefoltert worden. Er sei an Händen und Füßen gefesselt und geschlagen worden; man habe gegen seinen Kopf getreten, bis er ohnmächtig geworden sei. Zudem sei er an verschiedenen Körperteilen Elektroschocks ausgesetzt gewesen. Die iranischen Behörden bestreiten, dass Geständnisse unter Folter erpresst werden.

Nach jüngsten Schätzungen der in den USA ansässigen Organisation Human Rights Activists News Agency (HRANA) sind bei den Protesten bereits mehr als 500 Menschen ums Leben gekommen, unter ihnen 70 Minderjährige sowie knapp 70 Polizei- und Sicherheitskräfte. Mehr als 19.000 Demonstranten seien verhaftet worden.

Über die Zahl der zum Tode verurteilten Verhafteten gibt es widersprüchliche Informationen, da bei einigen das Todesurteil in Berufungsgerichten aufgehoben wurde. Die Rede ist von 20 Demonstranten, die auf der Todesliste der Justiz stehen sollen. Die iranische Führung hat diese und ähnliche Angaben bisher weder bestätigt noch dementiert.

Entzündet hatten sich die Proteste am Tod der 22-jährigen Jina Mahsa Amini. Die Kurdin war am 16. September in Polizeigewahrsam unter umstrittenen Umständen gestorben. Die sogenannte Sittenpolizei hatte sie festgenommen, weil sie unangemessen gekleidet gewesen sein soll. Inzwischen haben sich die Proteste zur größten Herausforderungen für die Führung seit 1979 ausgewachsen. Damals wurde im Zuge der Islamischen Revolution der Schah gestürzt, und die Islamische Republik wurde ausgerufen.

(Redaktionelle Hinweise: Alternative Schreibweise: Adschamian, Basidsch-Miliz)

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