Eskalation

Israelische Truppen dringen in Vorstadt von Gaza vor

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Zu Beginn der dritten Kriegswoche im Gazastreifen sind israelische Truppen in Wohngebiete vorgedrungen. Dabei kam es zu heftigen Gefechten.

Mit Beginn der dritten Kriegswoche hat sich eine neue Phase der Gaza-Offensive abgezeichnet. Israel schickte nach eigenen Angaben mehrere Reserve-Einheiten ins Autonomiegebiet und drang tiefer denn je zum Machtzentrum der Hamas vor. Dabei gab es am Sonntag die bisher schwersten Kämpfe mit den Palästinensern seit Beginn der Militäraktion. Kritik wurde am Sondergesandten des Nahost-Quartetts, Tony Blair, geübt.

Kritik an Blair
Blair sei bisher weder im Gazastreifen gewesen noch habe er - wie vor drei Monaten gefordert - vor dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen über die Fortschritte seine Arbeit gesprochen, sagte der südafrikanische UN-Botschafter Dumisani Kumalo nach Angaben der britischen Sonntagszeitung "Sunday Times". "Wir müssen wissen, was der Gesandte des Quartetts macht", sagte er.

Am Spätnachmittag veröffentlichte die israelische Regierung Fotos, auf denen Blair mit Israels Ministerpräsident Ehud Olmert zu sehen ist. Über den Inhalt und Zeitpunkt der Gespräche wurden keine Angaben gemacht. Der ehemalige britische Premierminister hatte seine Aufgabe als Gesandter des Quartetts, das sich aus der UN, der EU, den USA und Russland zusammensetzt, nach seinem Rücktritt im Sommer 2007 angetreten.

Blairs Sprecher bestätigte gegenüber der Zeitung, dass der Ex-Premier noch nicht im Gazastreifen war, er aber den palästinensischen Präsidenten Mahmoud Abbas sowie Ministerpräsident Salam Fayyad seit Beginn der Angriffe in Nahost getroffen habe. Wie die "Times" zudem berichtete, werde Blair bis Juli mit seinen Vortragsreihen bis zu 15 Millionen Pfund (fast 17 Millionen Euro) verdient haben. Blair gilt als einer der teuersten Redner der Welt. Er ist wegen seiner Rolle im Irak-Krieg in der arabischen Welt umstritten.

Ein Kilometer vor Gaza-Stadt
Soldaten der Infanterie und Panzer rückten am Sonntag bis zu einem Kilometer auf die Stadt Gaza vor. Dort sind rund 400.000 Bewohner eingeschlossen. Brigadegeneral Avi Benayahu bestätigte, dass auch Reserve-Einheiten nach Gaza verlegt worden seien. Zugleich griff die israelische Luftwaffe wieder Ziele an der Grenze zwischen dem Gazastreifen und Ägypten an, wo sich zahlreiche Tunnelanlagen für den Schmuggel von Waffen und Versorgungsgütern befinden.

Analysten äußerten die Vermutung, dass Israel nunmehr eine neue Phase seiner Offensive eingeleitet habe. Dazu würden die tausenden Reservisten gebraucht, die bereits im Grenzgebiet stationiert seien. Das israelische Verteidigungsministerium hatte zuvor nach den Luftangriffen und dem Bodeneinsatz eine dritte Phase angedeutet, die dann auch mit Straßenkämpfen verbunden sei. Es gebe ferner einen Notfallplan für eine vierte Phase - die vollständige Besetzung des Gazastreifens und den Sturz der Hamas-Regierung.

Phosphorgranaten eingesetzt?
Die Artillerie soll bei ihrem Beschuss des Gazastreifens auch Phosphorgranaten eingesetzt haben. Nach palästinensischen Angaben wurden diese auf den nördlichen Grenzort Khusa abgefeuert. Dabei seien eine Frau getötet und 50 weitere Menschen verletzt worden. Die Menschenrechtsgruppe Human Rights Watch bestätigte, sie haben den Abschuss von Phosphorgranaten im Umkreis der Flüchtlingssiedlung Jebalija beobachtet. Sie appellierte an die israelische Regierung, solche Waffen in den bevölkerungsdichten Gebieten des Gazastreifens keinesfalls zu verwenden.

870 Tote
Die Zahl der Todesopfer stieg bis Sonntagabend nach palästinensischen Angaben auf rund 870. Auf israelischer Seite sind 13 Menschen ums Leben gekommen. Am Grenzübergang Rafah machte sich der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier am Samstag persönlich einen Eindruck vom Krieg im Gazastreifen. Steinmeier traf in Kairo mit dem ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak und Abbas zusammen. Am Sonntag folgten Gespräche mit der israelischen Regierung in Jerusalem.

Weiterhin Angriffe
Trotz des massiven militärischen Drucks hat Israel eine Einstellung der palästinensischen Raketenangriffe noch nicht erreicht. Am Wochenende schlugen Raketen in der Stadt Beersheba ein. Der Leiter des Militärgeheimdienstes, Amos Yadlin, sagte dem Kabinett in Jerusalem, der Hamas seien bereits massive Schäden zugefügt worden. Es sei aber nicht zu erwarten, "dass sie die weiße Fahnen hissen".

Mehr Geduld
Der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert vor der wöchentlichen Kabinettsitzung, die Offensive nähere sich ihren Zielen, "aber mehr Geduld, Entschlossenheit und Anstrengung ist noch gefordert". Mit Blick auf die Resolution des Weltsicherheitsrats sagte Olmert, Israel halte an seinen eigenen Entscheidungen fest, "diejenigen anzugreifen, die Bomben zu unseren Kindergärten und Schulen schicken".

Foto: (c) AP

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