Der mutmaßliche Kriegsverbrecher lehnt dies jedoch ab. Der Prozess wurde auf März vertagt.
Der frühere bosnisch-serbische Präsident Radovan Karadzic, der seinen Prozess vor dem UNO-Kriegsverbrechertribunal boykottiert, bekommt einen Pflichtverteidiger. Dies wurde vom Tribunalssenat am Donnerstag angeordnet. Zugleich wurde der Prozess bis zum 1. März 2010 vertagt. Eigentlich hätte bereits am gestrigen Mittwoch die erste Zeugenanhörung stattfinden sollen. Der Prozess hatte am 26. Oktober in Abwesenheit des Angeklagten begonnen.
Karadzic ist wegen Kriegsverbrechen und Völkermords im Bosnien-Krieg (1992-95) angeklagt. Er will sich selbst verteidigen, benötigt aber eigenen Angaben zufolge noch mehrere Monate Zeit zur Einarbeitung in die umfangreiche Anklageschrift. Erst am Dienstag war die Verhandlung vom Vorsitzenden Richter O-Gon Kwon unterbrochen worden, nachdem Karadzic zwar zur Verhandlung erschienen, aber eine Verschiebung des Prozesses gefordert hatte. Anklägerin Hildegard Uertz-Retzlaff kündigte als Kompromiss an, dass Karadzic im Laufe des Prozesses mehr Zeit erhalten soll. Zugleich forderte sie die Ernennung eines Pflichtverteidigers, sollte Karadzic den Prozess weiter behindern.
Karadzic wies alle Vorschläge zurück und machte zugleich klar, dass er mit einem Pflichtverteidiger nicht zusammenarbeiten werde. "Ich selbst leite ein Beraterteam mit erstklassigen Profis aus allen Teilen der Welt", sagte er. Kein Pflichtverteidiger könne sich so gut in die 1,3 Millionen Seiten umfassenden Beweismaterialien zur Anklageschrift einarbeiten wie er selbst. O-Gon Kwon hatte daraufhin angekündigt, die Situation "sorgfältig bedenken" und bis Ende der Woche eine Entscheidung über das weitere Verfahren fällen zu wollen.
Die Anklage
Der frühere Präsident der bosnischen Serbenrepublik
ist wegen Völkermordes, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und
Kriegsverbrechen während des Bosnien-Krieges in elf Fällen angeklagt. Er
soll einer der Hauptverantwortlichen für den gewaltsamen Tod zehntausender
Menschen und die Vertreibung von etwa zwei Millionen Menschen sein. Das
schwerste ihm zur Last gelegte Einzelverbrechen ist der Völkermord an 8.000
bosniakischen Männern und Burschen im ostbosnischen Srebrenica im Juli 1995.
Die Bosniaken-Enklave war damals von bosnisch-serbischen Truppen eingenommen
worden. Karadzic, der bisher alle Vorwürfe bestritten hat, droht eine
lebenslange Haftstrafe.