UNO-Tribunal

Karadzic-Gefährte zu 27 Jahren Haft verurteilt

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Das Urteil des UNO-Kriegsverbrechertribunals gegen den früheren Präsidenten des bosnisch-serbischen Parlamentes, Momcilo Krajisnik, am Mittwoch hat Enttäuschung und Empörung ausgelöst.

Zahlreiche bosniakisch-kroatische Kriegsopferverbände warfen laut Medienberichten in ihren ersten Reaktionen der Staatengemeinschaft vor, die in Bosnien-Herzegowina angerichteten Kriegsverbrechen "systematisch und bewusst" zu unterschätzen.

Krajisnik war wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Verstöße gegen das Kriegsrecht zu 27 Jahren Haft verurteilt worden. Vom Vorwurf des Völkermords wurde er wegen mangelnder Beweislage freigesprochen. Unzufriedenheit über das Urteil bekundete auch der bosnische Ministerpräsident Adnan Terzic. Er teile die Enttäuschung jenes Teils der Öffentlichkeit, der meine, dass Krajisnik zur serbischen Führungsspitze gehört habe, die für den Völkermord verantwortlich sei.

„Kriegsverbrechen falsch eingeschätzt“
Nach Meinung von Murat Tahirovic, dem Vorsitzenden der bosnischen Kriegsgefangenenvereinigung, schätze die Staatengemeinschaft, die das Haager Tribunal gegründet habe, die Kriegsverbrechen in Bosnien-Herzegowina falsch ein.

Krajisnik trägt nach Befund des Haager Gerichtes zusammen mit anderen einstigen Führern der bosnischen Serben die Verantwortung für Vertreibungen, Vernichtung, Morde und Zwangsversiedlungen nichtserbischer Bevölkerung während des dreijährigen Bosnien-Krieges (1992-1995).

Als Teilnehmer des "gemeinsamen verbrecherischen Vorhabens" war Krajisnik laut der Anklage zusammen mit anderen Mitbeteiligten, darunter dem damaligen Präsidenten Serbiens, Slobodan Milosevic, und Radovan Karadzic, während des Bosnien-Krieges um die Vertreibung von Bosniaken und Kroaten sowie anderen Nichtserben von den serbisch kontrollierten Gebieten Bosniens bemüht. Das Vorhaben zielte darauf auf, die ethnische Struktur abzuändern, indem der "Anteil der Bosniaken und Kroaten durch Vertreibungen drastisch verringert" wurde.

Der einstige Parlamentspräsident, der nach Befund des Tribunalssenates eine der Schlüsselrollen in diesem Vorhaben hatte, nutzte seine politische Tätigkeit dazu, die Umsetzung des "gemeinsamen verbrecherischen Vorhabens" zu erleichtern. Krajisnik habe "Grünes Licht" für die Vertreibungen gegeben, als er bei einer der Parlamentssitzungen zur "ethnischen Aufteilung" (Bosnien-Herzegowinas) aufgefordert habe, stellte der Tribunalssenat in seiner Urteilsbegründung fest.

Anklage forderte lebenslang
Die Anklage hatte lebenslang für den bosnisch-serbischen Ex-Parlamentspräsidenten gefordert, während seine Verteidigung auf Freispruch plädierte. Er sei nicht für den Völkermord und die Kriegsverbrechen an den Bosniaken und bosnischen Kroaten verantwortlich gewesen, meinte der Anwalt des Angeklagten, Nicholas Stewart, in seinem Schlussplädoyer vor dem Tribunal.

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