Der US-Wahlkampf wird nun schmutzig: Gerüchte um eine Liebesaffäre bringen den Republikaner McCain ins Schwitzen.
Der Sender MSNBC unterbrach abrupt eine seiner populärsten Polit-Talkshows. Es gebe eine Entwicklung um John McCain, den Favoriten der Republikaner für die Kandidatur als Präsident. Die „New York Times“ hatte gerade eine lange Story auf ihre Webseite gesetzt: McCain hatte eine Freundin.
Genauer: McCain habe fast einmal eine Freundin gehabt, fügte der Moderator hinzu. Vor neun Jahren. Bis zum Wahlkampf 2000. Eine damals 30 Jahre alte Lobbyistin Vicki Iseman, die McCain 1999 zu Cocktails und Dinners zu begleiten anfing. Sein Stab habe interveniert, um McCain, den Rivalen George W. Bushs für die Kandidatur als Präsident, "vor sich selber zu schützen". Die Lobbyistin sei systematisch abgeblockt worden. Schließlich habe sich ein Vertrauter McCains mit ihr getroffen und sie gebeten, nicht bei Dritten den Eindruck zu wecken, es gebe da etwas.
McCain ist enttäuscht
"Ich bin sehr enttäuscht über den
Artikel der 'New York Times', er ist nicht wahr", sagte der republikanische
Senator am Donnerstag in Toledo im US-Bundesstaat Ohio. Er warf der Zeitung
vor, mit der Veröffentlichung "eine Schmutzkampagne zu versuchen".
Seine Beziehung zu der Lobbyistin Vicki Iseman, die in dem Artikel als "romantisch" eingestuft wurde, beschrieb McCain als rein freundschaftlich. "Ich habe sehr viele Freunde in Washington", sagte der Senator vor Journalisten. Iseman habe keinerlei Einfluss auf seine gesetzgeberische Arbeit gehabt. Das letzte Mal sei er der Lobbyistin "vor einigen Monaten" begegnet, sagte McCain. Er kritisierte, dass die "New York Times" ihre Angaben auf anonyme Quellen stütze. Die Zeitung habe seit Monaten immer wieder Fragen in der Angelegenheit an ihn gerichtet; er habe versucht, den Verdacht zu entkräften.
Artikel erregt die Gemüter
Die Zeitung recherchierte seit
dem Sommer die Fakten und erbat seit Dezember 2007 eine Stellungnahme von
McCain. Der lehnte ein Treffen ab, dementierte aber ebenso wie die
Lobbyistin entschieden eine Beziehung. Die „New York Times“ schreibt, McCain
habe den Chefredakteur angerufen und sich über die Recherche beschwert.
Gestern abend sagte eine Sprecherin McCains, der Artikel sei ein
„Schmierenjob“, eine Art der Politik, „die die Amerikaner bis obenhin satt
haben“.
Zwei ehemalige Mitarbeiter McCains trafen sich aber mit den Redakteuren. Sie gaben zu Protokoll, seinerzeit habe der Senator intern "unangemessenes Verhalten" zugegeben. Die beiden Mitarbeiter sagten, sie seien über ihn „desillusioniert“.
McCains Wahlkampfmanagement wies den Bericht als falsch zurück und sprach von einer Schmutzkampagne. McCain wollte sich im Laufe des Tages selber zu den Vorwürfen äußern.
Dollars in den Wahlkampf gepumpt
Gemäß der "New
York Times" arbeitete Iseman für das Lobbybüro "Alcalde &
Fay" in Washington. Sie habe Telekommunikationsfirmen vertreten, für
die der Handelsausschuss, in dem McCain im Senat saß, besonders wichtig
gewesen sei. Ihre Kunden hätten Zehntausende von Dollar für McCains
Wahlkampf gespendet, schreibt die Zeitung.
Aber selbst wenn die Geschichte nur eine neue Debatte um McCains Charakter auslöst, könnte dies erhebliche Auswirkungen für seine Kandidatur haben. Zwar hat er aus seinen persönlichen Makeln kaum einen Hehl gemacht. McCain ist in zweiter Ehe verheiratet. Als junger Mann galt er als draufgängerischer Pilot, aber auch als Hitzkopf - und war in der Militärakademie ein lausiger Student, worüber McCain im Wahlkampf regelmäßig Witze macht. Er hat nach wie vor einen Ruf, unbeherrscht und jähzornig zu sein, sogar im Umgang mit seinen Kollegen im ehrwürdigen amerikanischen Senat.