Nach zehn Jahren Bürgerkrieg beteiligen sich die Maoisten an einer Allparteienregierung. Der König wird schrittweise entmachtet.
240 Jahre lang hielt sich die Monarchie in Nepal, nun kippt der Thron in dem südasiatischen Himalaya-Staat. Die regierende Sechs-Parteien-Allianz erfüllt mit der angekündigten Abschaffung der Monarchie eine der Kernforderungen der Maoisten. Die früheren Rebellen erklärten sich am Montag im Gegenzug bereit, sich wieder an der Regierung in Kathmandu zu beteiligen. Der Niedergang der königlichen Dynastie hat bereits vor Jahren begonnen. Die Tage, an denen König Gyanendra noch im Palast im Zentrum Kathmandus ausharren kann, dürften gezählt sein.
Übergangsparlament bereitet Republik vor
In einer
Vereinbarung zwischen der Sechs-Parteien-Allianz und den Maoisten heißt es,
das Übergangsparlament werde Nepal in einer Resolution zur Republik
erklären. Die Abschaffung der Monarchie muss nach der Wahl zur
verfassunggebenden Versammlung, die bereits mehrfach verschoben wurde und
nun im kommenden April stattfinden soll, zwar noch von dem Gremium bestätigt
werden. Beobachter gehen aber davon aus, dass es sich dabei um eine
Formsache handeln wird. Politisch haben nicht nur die Maoisten, sondern auch
der 60-jährige Gyanendra selber an seinem Grab geschaufelt.
Ermordete Gyanendra die eigene Familie für den Thron?
In
eine schwere Krise stürzte das Königshaus bereits vor Gyanendras
Thronübernahme. Einem Massaker im Palast am 1. Juni 2001 fallen der damalige
König Birendra, der beim Volk beliebt ist, und andere Mitglieder seiner
Familie zum Opfer. Nach offiziellen Angaben hat der betrunkene Kronprinz
Dipendra das Feuer eröffnet und später die Waffe gegen sich selbst
gerichtet. Der Kronprinz wird zum König erklärt, stirbt aber zwei Tage
später an seinen Verletzungen. Den Thron besteigt sein Onkel Gyanendra.
Hartnäckig halten sich in der Bevölkerung Gerüchte, Gyanendra trage
Verantwortung für das Massaker.
Königssohn unbeliebt und verantwortungslos
Der neue König
ist weniger populär als sein ermordeter Vorgänger. Gänzlich unbeliebt ist
Gyanendras Sohn Paras, der Kronprinz macht durch wüste Auftritte in
Kathmandus Kasinos Schlagzeilen. Ihm wird überdies vorgeworfen, ungestraft
einen populären Sänger überfahren zu haben. Während die Sympathiewerte für
die Königsfamilie sinken, geraten immer größere Teile des Landes unter die
Kontrolle der Maoisten. Die Rebellen haben 1996 den bewaffneten Kampf gegen
die Monarchie aufgenommen, der 14.000 Menschen das Leben kosten wird. Das
Problem gerät außer Kontrolle.
König sorgte nicht für Sicherheit und Stabilität
Im
Mai 2002 löst Gyanendra das Parlament auf, im Oktober enthebt er die
gewählte Regierung wegen "Unfähigkeit" des Amtes. Am 1. Februar 2005
entlässt der Monarch die von ihm eingesetzte Regierung, er wirft ihr vor,
nicht in der Lage gewesen zu sein, für Frieden zu sorgen und Wahlen
abzuhalten. In einer Art königlichem Coup übernimmt Gyanendra die
uneingeschränkte Macht. Angesichts der immer chaotischeren Lage im Land
findet der Schritt nicht nur Gegner im Volk: Viele Menschen wollen dem König
eine Chance geben. Doch auch ihm gelingt es nicht, Sicherheit und Stabilitär
herzustellen.
Die Demokratiebewegung wird stärker, nach dreiwöchigen Protesten der Opposition und der Maoisten im April 2006 gibt der König nach. Das Parlament wird wieder einberufen. Die Maoisten legen die Waffen nieder und beteiligen sich an der Regierung. Besonders unter dem Druck der Ex-Rebellen beginnt die Demontage des Königshauses. Gyanendra verliert all seine Macht - und wird gedemütigt.
Nepalesische Royals müssen Steuern zahlen
Die Königsfamilie
wird verpflichtet, Steuern zu bezahlen, die Paläste werden zum
Staatseigentum erklärt. In Amtsstuben wird Gyanendras Porträt abgehängt, die
Nationalbank verbannt es von Banknoten, aus dem offiziellen Namen der
Regierung wird der Zusatz "Seiner Majestät" gestrichen. Eine
Untersuchungskommission befindet, Gyanendra habe die Demokratiebewegung im
April 2006 unterdrückt und sei verantwortlich für die rund zwei Dutzend
Todesopfer unter den Demonstranten. Das Parlament debattiert, ob die
Volksvertreter künftig die Thronnachfolge bestimmen sollen.
Ende der Monarchie
Das, so scheint es nun, wird nicht mehr nötig
sein. Wenn alles so läuft, wie von der Regierung und den Maoisten geplant,
werden weder Kronprinz Paras noch ein anderer Monarch jemals wieder den
Thron in Nepal besteigen. Es wäre das Ende des vorletzten Königreiches in
Südasien. Als letzter Monarch in der Region herrscht dann nur noch in einem
Nachbarland Nepals, in Bhutan, ein König - der freiwillig seine Macht
beschränkt und seinem Volk demokratische Reformen verordnet hat.