Die Drohungen gegen Südkorea haben zugenommen.
Nordkorea hat wieder einmal deutlich gemacht, dass sein Drohpotenzial noch lange nicht ausgeschöpft ist. Einen Tag nach der Wahl der Obersten Volksversammlung des Landes mit Fernsehbildern von fröhlichen Wählern und tanzenden Bürgern zeigte sich das kommunistische Land am Montag wieder von seiner grimmigen Seite. Mit militärischen Drohungen und Aktionen reagierte die Volksarmee auf den Beginn eines von ihr als Bedrohung kritisierten Großmanövers der US-Streitkräfte mit Südkorea. Proteste gegen das jährliche Manöver sind nicht neu, doch hat Nordkorea die Kritik angesichts der wachsenden Spannungen auf der koreanischen Halbinsel deutlich verschärft.
Kriegsdrohung
Dabei warnte Nordkorea wieder offen vor einem
Krieg, sollten die Streitkräfte der USA, Japans oder Südkoreas versuchen,
den geplanten Start eines nordkoreanischen "Satelliten" mit militärischen
Mitteln verhindern. Nach südkoreanischen Angaben bereitet Nordkorea in
Wirklichkeit den Test einer Langstreckenrakete vor, die theoretisch
US-Gebiet erreichen kann. Ein Abfangen des Flugkörpers würde nach Ansicht
von Beobachtern gleichermaßen einen Gesichtsverlust für Nordkorea bedeuten
wie ein neuer Fehlstart. Die Folgen eines Abschusses wären unkalkulierbar.
Kommunikation abgeschnitten
Kriegsdrohungen gegen den Bruderstaat
im Süden hat es von nordkoreanischer Seite auch früher schon gegeben. Doch
mit Sorge wird in Südkorea und anderen Ländern der Region verfolgt, wie die
Drohungen zuletzt an Häufigkeit und Intensität zugenommen haben. Südkorea
befürchtet, dass die Spannungen zu einem beschränkten militärischen Konflikt
eskalieren könnten. Auch unternimmt Nordkorea konkrete Maßnahmen, um den
Druck auf Südkorea zu erhöhen, seinen politischen Kurs zu ändern.
Die Kommunikation mit dem Nachbarland schnitt Nordkorea - mindestens für die Dauer des Manövers bis zum 20. März - jetzt gänzlich ab. Der unterbrochene "heiße Draht" war die letzte Fernsprechleitung, nachdem Nordkorea andere Verbindungen bereits im vergangenen Jahr aus Protest gegen eine härtere Haltung der konservativen Regierung in Seoul gegenüber der Führung in Pjöngjang gekappt hatte.
Unklare Geschehnisse
Was in Nordkorea wirklich vorgeht, ist
derzeit unklar. Die als reine Formalität angesehene Parlamentswahl in
Nordkorea gilt in Südkorea auch als Versuch, politische Normalität
vorzuspiegeln. Tatsache ist, dass die Wahlen mit halbjähriger Verzögerung
stattfanden. Eine Erkrankung von Machthaber Kim Jong Il, der im August einen
Schlaganfall erlitten haben soll, sieht man als Grund dafür. Bilder von der
Stimmabgabe Kims in einem Wahllokal zeigen den 67-Jährigen merklich
abgemagert. Seine Erkrankung hat auch Unsicherheit hinsichtlich der wahren
Machtverhältnisse in Pjöngjang und Spekulationen um die Nachfolgeregelung
ausgelöst.
Positionskämpfe
Angesichts einer angeschlagenen Gesundheit
des autoritären Herrschers könnten sich nach Einschätzung von Experten
bereits Positionskämpfe in Nordkorea entwickelt haben. US-Außenministerin
Hillary Clinton hatte bei einem Besuch in Asien im Februar die
Nachfolgefrage direkt angesprochen und damit einen empfindlichen Punkt
berührt. In einem Staat wie Nordkorea könnte die Nachfolge noch mehr
Unsicherheit schaffen. "Und sie könnte Verhaltensweisen ermutigen, die sogar
provokativer sind und zwar als ein Weg, die Macht innerhalb der Gesellschaft
zu konsolidieren."