Am Montag beginnt im neu gewählten türkischen Parlament das Wahlverfahren für einen neuen Staatspräsidenten.
Letztendlich wird bei der Wahl mit einem Sieg des Außenministers Abdullah Gül von der regierenden islamischen Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) gerechnet - wahrscheinlich jedoch noch nicht in der ersten Wahlrunde. Scheitern könnte Gül nur durch einen Wahlboykott der Opposition. Die kemalistische CHP will die Wahl boykottieren, da sie eine schleichende Islamisierung befürchtet. Die rechtsnationale Oppositionspartei MHP stellte hingegen am Freitag einen eigenen Kandidaten für das Amt auf, was als Absage an einen möglichen Wahlboykott gewertet wird. Die Amtsperiode des Präsidenten, der wichtige Beamte ernennt, beträgt sieben Jahre.
Zweiter Wahlgang wahrscheinlich
Im ersten Wahlgang sind
mindestens 367 der 550 möglichen Stimmen nötig. Zwar könnte Gül neben den
AKP-Stimmen auch Voten aus anderen Parteien erhalten, die erforderliche
Zweidrittel-Mehrheit gilt jedoch als unwahrscheinlich. Die 99
CHP-Abgeordneten wollen die Sitzung boykottieren. Die gleiche Situation wird
für den zweiten Wahlgang am 24. August erwartet, weshalb die dritte
Wahlrunde am 28. August entscheidend sein wird. Dann genügt laut Verfassung
schon die einfache Mehrheit von 276 Stimmen. Damit könnte Gül, der am
Nationalfeiertag der türkischen Republik, dem 29. Oktober, geboren wurde,
mit den Stimmen seiner AKP-Fraktion zum elften türkischen Präsidenten
gewählt werden. Im April war die Präsidentenwahl am Boykott mehrerer
Oppositionsparteien gescheitert. Der als strenger Laizist anerkannte
bisherige Präsident Ahmet Necdet Sezer amtierte weiter.
Überraschungskandidatur
Wenige Stunden vor Ablauf der
Anmeldefrist hat eine kleine Oppositionspartei einen dritten Kandidaten für
die Präsidentschaftswahl in der Türkei aufgestellt. Die Demokratische
Linkspartei (DSP) nominierte am Sonntag Hüseyin Tayfun Icli, wie die
Nachrichtenagentur Anadolu berichtete. Der 50-Jährige war 2002 kurzzeitig
Staatsminister. Das türkische Parlament beginnt am Montag mit der Wahl des
neuen Staatspräsidenten. In der ersten Wahlrunde wird es vermutlich noch
keinen Sieger geben, letztendlich wird aber mit einem Sieg von Außenminister
Abdullah Gül von der regierenden islamistischen AKP gerechnet.
Erst am Freitag hatte die nationalistische Partei MHP mit dem früheren Innen- und Verteidigungsminister Sabahattin Cakmakoglu einen eigenen Kandidaten aufgestellt. Im April war ein erster Anlauf der Wahlen durch einen Wahlboykott der kemalistischen Opposition und wegen Drohungen des Militärs gescheitert. Damals war Gül der einzige Kandidat gewesen.