Neapel

Prodi stellte Anti-Kriminalitätsplan vor

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Nach einer beispiellosen Offensive der Camorra mit der Tötung von neun Menschen in neun Tagen ist der italienische Regierungschef Romano Prodi am Donnerstag nach Neapel gereist, um den Lokalbehörden seinen Anti-Kriminalitätsplan vorzustellen.

Bei einem Treffen mit der neapolitanischen Bürgermeisterin, Rosa Russo Iervolino, und dem Präsidenten der Region Kampanien kündigte Prodi die Entsendung von zusätzlichen 1.000 Polizisten, die der öffentlichen Ordnung in der Vesuvstadt dienen soll.

Derzeit sind bereits 13.500 Polizisten in Neapel im Einsatz, wo seit Monaten ein wütender Krieg zwischen rivalisierenden Camorra-Banden tobt. Zudem sollen Videoanlagen für mehr Sicherheit in der Stadt sorgen. Auch die verstärkte Patrouille der Polizei zum Schutz von Fußgängern und Touristen vor jungen Kriminellen und Taschendieben soll verschärft werden.

Ganz Italien ist erschüttert
"Wir wollen Neapel von dem Würgegriff der Organisierten Kriminalität schützen. Was dieser Tage in Neapel geschehen ist, hat das ganze Land erschüttert", schrieb Prodi in einem Brief, den die neapolitanischen Tageszeitung "Il Mattino" am Donnerstag veröffentlicht hat. "Das Organisierte Verbrechen muss wissen, dass die Justiz hart vorgehen wird. Neapel ist unsere wichtigste Herausforderung. Ich hoffe, dass die Gesellschaft zusammen mit den Behörden für eine neue Zukunft Neapels arbeiten wird. Wir verfügen über die notwendigen Mittel und es besteht der politische Wille dazu", schrieb Prodi.

Keine Armee
Der Ministerpräsident hatte zuvor die Entsendung von Militärs gegen die Camorra ausgeschlossen. "Die Kriminalität hängt mit der Korruption in der Wirtschaft zusammen, mit der Geschäftswelt und einer ständigen Missachtung der Gesetze. Dagegen kann die Armee nicht viel ausrichten", sagte Prodi.

"Ich erwarte von der Regierung konkrete Hilfe für Neapel", forderte Bürgermeisterin Iervolino beim Treffen mit dem Regierungschef. Die Stadt müsse sich gegen ihre Besetzung durch das Organisierte Verbrechen auflehnen. Dies sei jedoch schwierig, da in Neapel zu viele Bürger selbst in die Untaten der Camorra verstrickt seien. Neapel müsse sich gleichsam gegen sich selbst auflehnen. "Der Kampf um Neapel für mehr Sicherheit ist eine gesellschaftliche und kulturbedingte Auseinandersetzung, die nur über eine tief greifende Erneuerung des politischen Systems in Italien gewonnen werden kann", sagte die Bürgermeisterin.

Strafnachlass in der Kritik
Die oppositionelle Mitte-Rechts-Allianz machte den von der Regierung im Juli verabschiedeten Strafnachlass für die neue Gewaltwelle in der Vesuvstadt verantwortlich. Tausende von Kriminellen konnten vom Strafnachlass profitieren, der zur Entlastung der übervölkerten Gefängnisse verabschiedet worden war. "Personen, die wegen gravierender Verbrechen festgenommen worden waren, sind jetzt wieder auf freiem Fuß. Dies erschwert die Sicherheitslage in der Stadt", kommentierte ein hochrangiger Polizeifunktionär.

Für Eklat sorgten die Worte des Spitzenpolitikers der rechtspopulistischen Oppositionspartei Lega Nord, Roberto Calderoli, der Neapel als "Kloake" bezeichnete. Er warnte, dass mit der neuen Gewaltwelle die Regierung Prodi der Vesuvstadt wieder öffentliche Finanzierungen in Millionenhöhe zuschanzen werde, die zu keinerlei Resultaten führen. "Neapel ist wegen seiner sozialen, kulturellen und kriminellen Lage ein Affront für Italien ", sagte Calderoli. Seine Worte sorgten für hitzige Reaktionen.

Vorbestrafter verletzt
In der Zwischenzeit kam es auch am Donnerstag zu Gewalttätigkeiten. Nachdem in den vergangenen Tagen in Neapel und Umgebung neun Menschen getötet wurden, wurde am Donnerstag im Zentrum der Vesuvstadt ein 34-jähriger Vorbestrafter mit Messerstichen verletzt. Der Mann schwebt in Lebensgefahr. Noch unklar waren die Ursachen des Angriffes, meldete die Polizei.

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