Putin droht den USA mit dem Ende der Abrüstung. Dann versuchte er mit einem Witz die Stimmung aufzulockern. Aber Condoleezza Rice antwortete mit Schweigen.
Mit seinem russischen Humor ist Staatschef Wladimir Putin bei US-Außenministerin Condoleezza Rice auf wenig Gegenliebe gestoßen. Wie mehrere Journalisten am Freitag am Rande der Gespräche über das von den USA geplante Raketenabwehrsystem in Osteuropa berichteten, sagte Putin beim Empfang seiner Gäste in seiner Residenz im Moskauer Vorort Nowo-Oragewo unter Anspielung auf die von Washington beschworene Gefahr durch Angriffe aus dem Iran: "Natürlich ist es möglich, dass wir eines Tages Raketenabwehrsysteme irgendwo auf dem Mond errichten." Die Delegation aus den USA quittierte die Bemerkung mit eiskaltem Schweigen.
Ein Kreml-Sprecher versuchte später während einer telefonischen Pressekonferenz mit US-Journalisten, den Schaden zu begrenzen. Putin habe nicht die Konfrontation gesucht. "Was er sagen wollte, ist, dass wir bereit wären, alles in unserer Macht stehende zu tun, wenn es eine wirkliche Bedrohung (durch den Iran) gäbe", sagte Dimitri Peskow. Er fügte auf Englisch hinzu: "Die englische Übersetzung spiegelt manchmal nicht den russischen Humor wider."
Keine Verständigung über Raketenabwehrschild erzielt
Die
USA haben mit Russland keine Verständigung bezüglich der
US-Raketenabwehrpläne für Mitteleuropa erzielt. Das gab US-Außenministerin
Condoleezza Rice am Freitag in Moskau bekannt. Russland sieht die für Polen
und Tschechien vorgesehene amerikanische Raketenabwehr als Bedrohung seiner
Sicherheit und hat die Aufkündigung eines weiteren Abrüstungsvertrages ins
Spiel gebracht. Der vor zwanzig Jahren zwischen den USA und der Sowjetunion
geschlossene INF-Vertrag über die Verschrottung von atomaren Kurz- und
Mittelstreckenraketen müsse auch für andere Länder gelten, forderte
Präsident Wladimir Putin bei einem Treffen mit Rice. Sonst werde Russland
aus dem Vertrag austreten müssen.
Längere Wartezeit für Rice und Gates
Rice und
US-Verteidigungsminister Robert Gates waren nach längerer Wartezeit von
Putin in dessen Datscha bei Moskau empfangen worden und anschließend mit
ihren russischen Ressortkollegen Außenminister Sergej Lawrow und
Verteidigungsminister Anatoli Serdjukow zu Gesprächen zusammengetroffen. Die
russische Militärführung hatte bereits Anfang des Jahres den INF-Vertrag
infrage gestellt. Der Vertrag regelte die Vernichtung aller Raketen der
beiden Supermächte mit einer Reichweite von 500 bis 5500 Kilometern. Putin
sagte, Länder unmittelbar vor der russischen Grenze hätten "im
Gegensatz zu uns das Recht, solche System zu entwickeln, was sie auch tun".
USA soll Raketenabwehr-Pläne für Mitteleuropa einfrieren
Die
russische Führung forderte die USA auf, die Pläne für die Raketenabwehr in
Mitteleuropa so lange einzufrieren, bis man eine Einigung getroffen habe.
Halte sich Washington nicht daran, müsse Moskau Gegenmaßnahmen unternehmen, "um
die Gefahr zu neutralisieren", sagte Lawrow. Die Raketenabwehr gilt als
ein vorrangiges Projekt von US-Präsident George W. Bush, das er vor seinem
Ausscheiden aus dem Amt Anfang 2009 noch realisieren will.
USA wollen sich vor Bedrohung aus Iran wehren
Die USA wollen mit
dem Raketenschild eine mögliche Bedrohung aus Ländern wie dem Iran abwehren.
Gates lehnte das Angebot Russlands zur gemeinsamen Nutzung einer 20 Jahre
alten Radaranlage in Aserbaidschan an der Grenze zum Iran als unzureichend
ab. Die Anlage in Gabala könne das Radar in Tschechien und die Abfangraketen
in Polen ergänzen, aber nicht ersetzen. Es müsse alles getan werden, damit
Russland sich nicht bedroht fühle.
Moskau will hart bleiben
Moskau will im Streit mit den USA um
deren geplanten Raketenschild hart bleiben und auch an der Aussetzung des
Vertrages über Konventionelle Streitkräfte in Europa (KSE) festhalten. "Wir
werden nicht zurückweichen, weil unsere Position vollkommen glasklar ist
(...) Das Recht ist auf unserer Seite", sagte am Freitag der Leiter der
Abteilung für internationale Verträge im russischen
Verteidigungsministerium, General Jewgeni Buschinski, wie die
Nachrichtenagentur RIA-Nowosti berichtete. Moskau hatte im Juli angekündigt,
den KSE-Vertrag außer Kraft zu setzen. Er gilt als einer der Grundpfeiler
der Abrüstung nach dem Ende des Kalten Krieges.
Putin besucht Ahmadinejad
Die russische Seite informierte die
US-Minister über den bevorstehenden Besuch Präsident Putins Anfang kommender
Woche im Iran. Putin werde bei seinen Gesprächen über das iranische
Atomprogramm die Position des Weltsicherheitsrates vertreten, teilte
Außenminister Lawrow mit. Unter den Vetomächten hat sich Russland bisher den
von den USA geforderten härteren Sanktionen gegen den Iran widersetzt. Rice
schlug dagegen deutlich schärfer Töne an. Wenn Teheran kompromisslos bleibe,
müssten auch jene Länder mit Sanktionen rechnen, die weiterhin mit Teheran
zusammenarbeiten. Russland arbeitet derzeit an der Fertigstellung des ersten
iranischen Atomkraftwerks in Bushehr.´