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Russischer Truppenabzug im "Schneckentempo"

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Russland will den Abzug nach eigenen Angaben heute abschließen, ein US- General zweifelt. Der UNO-Sicherheitsrat ist weiter zerstritten.

Der für Freitag angekündigte Abzug der russischen Armee aus Georgien geht nach Angaben des Oberbefehlshabers der US-Truppen in Europa nur sehr langsam voran. Nach seinen Informationen bewegten sich die russischen Soldaten "im Schneckentempo", sagte General John Craddock am Freitag in Tiflis. Ein Sprecher des georgischen Innenministeriums sagte, bisher gebe es keine Anzeichen für einen Rückzug. Im UNO-Sicherheitsrat konnten sich Russland und die westlichen Staaten am Donnerstagabend erneut nicht auf eine Resolution zum Kaukasus-Konflikt einigen.

Abzug hat begonnen
Die russische Armee erklärte unterdessen, der Abzug habe begonnen. Nach Angaben von AFP-Journalisten waren in der Nähe der georgischen Stadt Gori russische Truppenbewegungen in verschiedene Richtungen zu beobachten. In der Ölstadt Poti im Westen des Landes zogen sich demnach russische Soldaten aus besetzten Kasernen zurück.

Ausgenommen von dem Abzug sind etwa 500 Soldaten. Sie werden laut Serdjukow ab Freitag in der Früh in einer Pufferzone um die abtrünnige Region Südossetien Stellung beziehen, um wie international vereinbart Sicherheitsaufgaben wahrzunehmen.

Russischer Resolutions-Entwurf
Eine Sitzung des UNO-Sicherheitsrats zum Kaukasus-Konflikt ging am Donnerstagabend in New York nach zweistündigen Beratungen ergebnislos zu Ende. Russland kündigte an, seinen vom Westen nicht unterstützten Resolutionsentwurf im Alleingang zur Abstimmung zu stellen. Der russische Entwurf enthält nach eigenen Angaben lediglich den EU-Friedensplan für den Kaukasus. Die westlichen Staaten wollen in der UNO-Resolution auch die territoriale Integrität Georgiens verankert sehen. Russland versteht sich als Schutzmacht der beiden abtrünnigen georgischen Republiken Südossetien und Abchasien, in denen mehrheitlich Russen leben. Diplomaten zufolge dürfte Frankreich nun seinen vorliegenden Beschlussentwurf fallenlassen und stattdessen den russischen Vorschlag um Punkte wie den Verweis auf die territoriale Integrität Georgiens ergänzen.

US-Präsident George W. Bush warf Russland indes eine "Blockade" Georgiens vor. In einem Telefongespräch mit dem georgischen Präsidenten Michail Saakaschwili forderte Bush neuerlich einen umgehenden Abzug der russischen Truppen aus Georgien. Solange die Krise in Georgien nicht gelöst sei, sei keine militärische Kooperation der USA mit Russland denkbar.

Beziehungen Russland-NATO eingefroren
Russlands Vertreter bei der NATO, Dmitri Rogosin, bestätigte am Abend, dass Moskau die Zusammenarbeit mit dem Verteidigungsbündnis bis auf weiteres auf Eis gelegt habe. Nach dem Beschluss der NATO-Außenminister, die Beziehungen zu Moskau bis zum Truppenabzug aus Georgien einzufrieren, stellte Russland am Donnerstag die militärische Zusammenarbeit bei Übungen mit der NATO "bis auf weiteres" ein. Rogosin betonte jedoch, dass Russland die Kooperation mit der NATO in Afghanistan aufrechterhalten werde.

Unmut in Georgien
Innerhalb der georgischen Bevölkerung wuchs am Donnerstag der Protest gegen die Anwesenheit russischer Soldaten. In mehreren Städten demonstrierten Bürger vor den Kontrollposten. Russische Medien vermeldeten in der Früh den Abzug der Kampfeinheiten aus der georgischen Stadt Gori. Mehrere Kolonnen überquerten der Agentur Interfax zufolge die russische Grenze in Richtung der Teilrepublik Nordossetien.

Streben nach Unabhängigkeit
Neben Südossetien verstärkt auch Abchasien seine Bestrebungen nach Unabhängigkeit. In der Hauptstadt Suchumi forderten am Donnerstag mehr als 50.000 Demonstranten eine internationale Anerkennung der einseitig erklärten Unabhängigkeit. Langfristig wünschen Abchasien und Südossetien eine Aufnahme in die Russische Föderation. Russische Medien halten es für möglich, dass der Föderationsrat in Moskau Anfang nächster Woche die Unabhängigkeit der Regionen anerkennt.

Foto (c) EPA

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