In Frankreich herrscht große Aufregung um den Präsidenten-Filius.
Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy sieht sich mit dem Vorwurf schlimmer Vetternwirtschaft konfrontiert. Sein 23 Jahre alter Sohn Jean soll als Verwaltungsratschef der öffentlichen Gesellschaft EPAD über die Entwicklung des riesigen Pariser Geschäftsviertels La Défense wachen. Der Posten verspricht Einfluss, Macht und Prestige. Doch in den Reihen der Opposition und in der Bevölkerung regt sich heftiger Widerstand. Frankreich verkomme zur Bananenrepublik, lautet einer der Vorwürfe. Tausende Bürger fordern den ehrgeizigen Jungpolitiker mittlerweile in einer Petition zum Verzicht auf den Posten auf.
Dynastie-Bildung und Geburtsprivileg
Aus der Opposition wird dem
Sarkozy-Clan Dynastie-Bildung vorgeworfen. "Das ist das
Geburtsprivileg. Das ist, weil er Sarkozy heißt", klagen
Parlamentsabgeordnete wie der Sozialist Arnaud Montebourg. In der
französischen Bürger- und Menschenrechtserklärung aus dem Jahr 1789 stehe,
dass Posten nach Fähigkeiten und Verdiensten vergeben werden sollten. "Worin
besteht Jean Sarkozys Verdienst, außer, dass er der Sohn seines Papas ist?",
fragte Montebourg.
Für den Jusstudenten mit wallendem Haar ist es nicht das erste Mal, dass er wegen seiner ehrgeizigen Karrierepläne unter Beschuss gerät. 2008 ließ er sich in den Generalrat des Départements Hauts-de-Seine wählen. Vorausgegangen war ein politischer Putsch gegen etablierte Konservative, bei dem ihn sein Vater unterstützte. Für schlechte Presse sorgte auch die "Motorroller-Affäre": Ein Autofahrer hatte dem jungen Sarkozy vorgeworfen, seinen Wagen 2005 gerammt und anschließend Fahrerflucht begangen zu haben. Der Kläger hatte nach eigenen Angaben das Nummernschild des Motorrollers notiert und erst später herausgefunden, dass es sich um den Sohn des heutigen Präsidenten handelte. Im Prozess um Fahrerflucht wurde der junge Sarkozy freigesprochen.
Einflußreiche Frau
Mit dem Spitzenposten bei der
Entwicklungsgesellschaft EPAD könnte Sarkozy jr. vor allem wichtige Kontakte
in die Geschäftswelt knüpfen. In dem berühmten Büroviertel sitzen
internationale Großkonzerne wie Areva, Axa, IBM oder Total. 150.000 Menschen
sind in dem riesigen Viertel im Westen vor den Toren von Paris beschäftigt.
Einen ersten Schritt in Richtung Aufstieg in den Geldadel machte Jean bereits mit der Wahl seiner Frau: 2008 heiratete er im Pariser Nobelvorort Neuilly-sur-Seine, dessen Bürgermeister sein Vater einmal gewesen war, die Millionenerbin Jessica Sebaoun, deren Familie die Elektronikmarktkette Darty gehört. Sie erwartet mittlerweile ein Kind. Die Sarkozy-Sippe wolle nun die Kontrolle über den Geldschrank übernehmen, den La Défense darstelle, kritisierte der sozialistische Politiker Manuel Valls.
Talentierter als der Vater
Vertreter der
bürgerlich-konservativen Regierungspartei UMP versuchten am Montag, die
Aufregung um ihr aufstrebendes Jungmitglied ein wenig zu dämpfen. Es sei
sein "gutes Recht", sich auf den Posten wählen zu lassen, sagte
UMP-Generalsekretär Xavier Bertrand. Sarkozy-Freund Patrick de Balkany
erklärte, das Ganze habe nichts mit dem prominenten Vater zu tun. Jean
Sarkozy habe das Talent für den Job, sagte der Politiker. "Ich
kannte Nicolas Sarkozy mit 22 Jahren, er hatte damals bereits viel Talent."
Jean Sarkozy sei aber "möglicherweise noch talentierter."
Der ehemalige sozialistische Premierminister (1984-86) Laurent Fabius hat hingegen für die Nominierung nur Spott übrig: "Ich höre viel Kritik und würde Jean Sarkozy gerne verteidigen", sagte der 63-Jährige, einstmals jüngster Regierungschef in der Geschichte des Landes. Für eines der größten Geschäftsquartiere Europas brauche man einen "exzellenten Juristen" und jemanden, der sich in der Wirtschaft sehr gut auskenne. Mit seinen zwei Jahren Rechtsstudium sei Sarkozy Junior da ein "ganz, ganz starker Kandidat."
Regierungsspitze stellt sich hinter Jean
Die französische
Regierungsspitze stellte sich nach den Vorwürfen demonstrativ hinter die
Karrierepläne von Jean Sarkozy. Die Kritik an dessen geplanter Bestellung
zum Verwaltungsratschef der öffentlichen Gesellschaft EPAD für die
Entwicklung des Pariser Geschäftsviertels La Defense habe keine Grundlage,
sagte Premierminister Francois Fillon am Dienstag dem Radiosender RTL. Denn der 23-Jährige solle schließlich auf den Posten "gewählt und nicht ernannt"
werden. Dass er Sohn des Staatspräsidenten sei, habe nichts damit zu tun.
Die Wahl des Verwaltungsrats am 4. Dezember gilt als Formsache.