Die Nachrichtenagentur AFP gibt einen Überblick über Organisation und Vorgehensweise der Taliban.
Die radikalislamischen Taliban, die 22 südkoreanische Geiseln in ihrer Gewalt haben, sind eine Bewegung mit einer schwer zu fassenden Organisationsstruktur. Bei Entführungen in dem Land ist daher auch häufig unklar, wer genau hinter der Verschleppung steckt.
Nur wenige tausend Kämpfer
Zum harten Kern der Taliban
zählen nur wenige tausend Männer bei einer Gesamtbevölkerung von 24 bis 30
Millionen Afghanen. Um diesen Kern herum besteht eine Vielzahl von teils nur
kurzfristigen Verbindungen zu anderen Gruppen - zu Stammesführern, zu
politischen oder kriminellen Gruppierungen. Selbst einzelne Personen oder
auch Söldner sind mit den Taliban zeitweise verbunden. So verschaffen sich
die Taliban - manchmal schnell wechselnde - Loyalitäten in den einzelnen
Regionen.
Von den USA unterstützt
Nur der Kern der radikalislamischen
Taliban gilt als ideologisch gefestigt. Ihr politisches Ziel ist die
Ablösung der afghanischen Regierung in Kabul und die Vertreibung aller
Ausländer aus dem Land. Die Taliban regierten Afghanistan bis zu ihrem Sturz
durch die USA 2001. In den 90er Jahren unterstützten Pakistan und die USA
die Koranschüler. Sie errichteten einen strengen Gottesstaat, in dem Musik,
Fotos, Fernsehen und Spiele untersagt waren. Die Taliban bildeten
Dschihadisten aus aller Welt in Afghanistan aus, bis die USA ihrer
Herrschaft ein Ende bereiteten.
Gotteskrieger mit Verbindungen zur Al-Kaida
Seither führen die
Taliban ihren erbitterten Kampf weiter. Ihr Chef ist Mullah Omar, der sich
in Pakistan versteckt halten soll. Angaben über die Anzahl der
mobilisierbaren Kämpfer schwanken zwischen 5000 und 20.000. Viele von ihnen
sind an radikalen pakistanischen Koranschulen ausgebildete Afghanen. Unter
den selbst ernannten "Gotteskriegern" sind nach Schätzungen der NATO aber
auch hunderte von Pakistanern und Arabern, die dem Terrornetzwerk Al-Kaida
(al-Qaida) nahe stehen.
Gezielte Desinformation per Internet
Im Zusammenhang mit den
beiden entführten Deutschen meldeten sich auch die Taliban zu Wort. Dabei
stellte sich bald heraus, dass die Islamisten offenbar gar nicht hinter der
Entführung steckten. Die - falsche - Mitteilung für westliche Medien, dass
beide Geiseln hingerichtet worden seien, gilt seither als neue Qualität im
Propaganda-Kampf der Taliban, die offenbar die Diskussionen in Deutschland
per Internet beobachten und mit Desinformation darauf reagieren.
Propagandakanäle
Ein wichtiges Mittel ist der Hörfunk mit
mobilen Stationen, die auf Ukw und Mittelwelle meist nur für zwei oder drei
Stunden senden, bevor sie wieder verlegt werden. Selbst der Einsatz der
deutschen Tornados war Thema auf einem dieser Taliban-Sender. Auch im
Internet verbreiten die Taliban ihre so genannten "News", allein im Mai 2006
wurden 44 Mitteilungen gezählt. Meist wird eine tatsächliche Information
aufgegriffen und mit Propaganda vermengt. Die "Öffentlichkeitsarbeiter" sind
in der Regel gut ausgebildet und noch jung, zwischen 26 und 32 Jahren alt.