Nachdem die Klage gegen den EU-Vertrag abgewiesen wurde, stand der Unterzeichnung nichts mehr im Wege.
Der tschechische Präsident Vaclav Klaus hat den Lissabon-Vertrag am Dienstag um 15.00 Uhr unterzeichnet. Zuvor hatte das tschechische Verfassungsgericht in Brno (Brünn) eine Klage gegen den EU-Reformvertrag abgewiesen. Mit der Unterzeichnung ist der Vertrag in allen 27 EU-Staaten ratifiziert. Die Europäische Union will nun rasch über die neue geschaffenen Spitzenposten entscheiden. Der schwedische Ministerpräsident und EU-Ratsvorsitzende Fredrik Reinfeldt kündigte am Dienstag offiziell die Aufnahme von Gesprächen mit den EU-Staaten über deren Besetzung an. EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso erklärte, der Weg sei frei, um den EU-Ratspräsidenten und den EU-Außenpolitik-Beauftragten zu ernennen.
Klaus bleibt kritisch
Der Lissabon-Vertrag stehe "nicht im
Widerspruch zu der Verfassung der Tschechischen Republik", erklärte der
Chef des tschechischen Verfassungsgerichtshofes Pavel Rychetsky gleich nach
der Eröffnung der öffentlichen Sitzung des Verfassungsgerichtshofes. Klaus
sagte vor Journalisten in Prag, er habe den Spruch des
Verfassungsgerichtshofes erwartet und respektiere es. Allerdings sei er
damit nicht einverstanden. Tschechien höre auf, ein souveräner Staat zu
sein, meinte der tschechische Präsident.
Tschechien ist das letzte der 27 EU-Länder, das den EU-Reformvertrag ratifiziert hat. Klaus lehnte das Abkommen bisher grundsätzlich ab, nach Zugeständnissen aus Brüssel bezüglich einer Ausnahme für Tschechien bei der EU-Grundrechtecharta zeigte er sich jedoch offen für eine Unterzeichnung. Damit kann der Lissabon-Vertrag nach jahrelanger Zitterpartie zum 1. Dezember EU-weit in Kraft treten.
Hier den Vertrag von Lissabon herunterladen.
Kritiker geben Kampf gegen EU-Vertrag nicht auf
Die Kritiker des
EU-Reformvertrages in Tschechien wollen trotz des Verdiktes des
Verfassungsgerichtshofes vom Dienstag in ihrem Kampf gegen das Dokument
nicht aufgeben. Jiri Oberfalzer, Leiter der Beschwerdeführer und Senator der
konservativen Demokratischen Bürgerpartei (ODS), erklärte, man wolle sich an
den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR/ECHR) in Straßburg
wenden. Dort wolle man nicht das Dokument selbst, sondern die Prozedur beim
Verfassungsgerichtshof anfechten. Das Recht auf einen fairen Prozess sei
verletzt worden, indem der Verfassungsgerichtshof sich mit dem Prüfantrag
vorrangig befasst habe, so Oberfalzer.