Temelin

Tschechiens Grüne helfen Atom-Befürworter bei Wahl

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Grünen-Chefin Jacques betonte, den Präsidentschaftskandidaten Svejnar zu unterstützen. Temelin-Aktivisten zeigten sich überrascht.

Die tschechischen Grünen werden den tschechisch-amerikanischen Universitätsprofessor Jan Svejnar bei der Präsidentschaftswahl unterstützen, obwohl er den Ausbau der Atomenergie befürwortet. Das versicherte die grüne Klubchefin Katerina Jacques im Gespräch mit der Tageszeitung "Mlada fronta Dnes" (Montag-Ausgabe). "In jeder Partei ist es so, dass sich in bestimmten Fragen nicht einmal zwei einander sehr nahestehende Menschen einigen können", meinte Jacques. Sie fügte hinzu, die Grünen würden Svejnar "zu Hundert Prozent" unterstützen.

Wirtschaftliche Argumente gegen Atom sollen überzeugen
Darüber "überrascht" zeigte sich die Vizechefin der Grünen, Dana Kuchtova. Sie hatte einst in der Organisation "Südböhmische Mütter" gegen das südböhmische Atomkraftwerk Temelin gekämpft. Die Grünen hätten mit Svejnar noch nicht über die Atomenergie gesprochen. "Wenn er aber mit uns darüber reden will, dann werden ihn wirtschaftliche Argumente bestimmt überzeugen", meinte Kuchtova. Ihr schlagendes Argument: "In jenen Ländern, wo die Atomindustrie keine staatliche Unterstützung hat, entwickelt sie sich nicht." Kuchtova selbst nimmt an der Präsidentenwahl durch das tschechische Parlament nicht teil, da sie weder Abgeordnete noch Senatorin ist.

"Bin nicht gegen Ausbau der Atomenergie"
Svejnar hatte sich bereits mehrmals zugunsten der Kernkraft ausgesprochen. "Ich denke, Europa kann genauso wenig wie die Tschechische Republik auf atomare Quellen der neuen technologischen Generation verzichten", sagte er dem Blatt "Mlada fronta Dnes". Im November hatte er in Bezug auf den Ausbau der Atomenergie gegenüber der Tageszeitung "Lidove noviny" erklärt, er sei "nicht dagegen". Allerdings sehe er sie nur als letzten Ausweg in der Energiefrage. Man müsse sich auch mit der Senkung des Energieverbrauchs in Tschechien befassen, so Svejnar.

Grüne treten gegen Atom auf
Die Grünen sind in ihrem Programm eindeutig gegen die Nutzung der Atomenergie. Im Programm der Koalitionsregierung von Ministerpräsident Mirek Topolanek hatten sie den Satz durchgesetzt, dass das Kabinett den Aufbau neuer atomarer Energiequellen "weder planen noch unterstützen" werde. Allerdings hat die tschechische Wirtschaftszeitung "E 15" jüngst von Ausbauplänen des Temelin-Eigners CEZ und der möglichen Zustimmung durch die lokalen Behörden berichtet. Das umstrittene AKW dürfte auch bei dem Besuch Topolaneks am heutigen Montag in Wien im Mittelpunkt stehen.

Bei Präsidenten-Wahl zählt jede Stimme
Die Grünen sind im tschechischen Parlament nur mit sechs Abgeordneten und einem parteilosen Senator vertreten, der auf ihrer Liste kandidiert hatte. Bei der Abstimmung über den künftigen Staatschef am 8. Februar wird jedoch jede Stimme wichtig sein. Favorisiert wird der bisherige Präsident und Ehrenvorsitzende der konservativen Demokratischen Bürgerpartei (ODS), Vaclav Klaus. Ohne Chancen ist Svejnar aber nicht. Das Ergebnis der Wahl wird vor allem von der Position der Christdemokraten (KDU-CSL) und der Kommunisten (KSCM) abhängen, die sich noch nicht eindeutig zu den beiden Kandidaten geäußert haben. Auch der Favorit der Wahl kann sich Tschechiens "weitere Entwicklung nicht ohne Kernkraft" vorstellen. Rund ein Drittel der tschechischen Energie wird in Kernkraftwerken produziert.

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