Der neue polnische Premier Donald Tusk und sein Kabinett sind am Freitag vereidigt worden.
Die rechtsliberale "Bürgerplattform" (PO) und die gemäßigte Bauernpartei PSL haben am Freitag die Regierung in Polen übernommen. Präsident Lech Kaczynski vereidigte am Morgen den neuen Premier Donald Tusk (PO) und das Kabinett. Damit beginnt in Polen eine sogenannte Kohabitation an der Staatsspitze, denn Kaczynski stammt aus der rechtskonservativen Partei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS), die bisher die Regierung stellte.
"Bürger dienen und nicht über sie herrschen"
"Das
ist der wichtigste Tag in meinem Leben", sagte Tusk im Anschluss an die
Zeremonie im Radziwill-Palast in Warschau, dem Amtssitz des Präsidenten. Er
versprach, die Regierung werde "den Bürgern dienen und nicht über sie
herrschen". Die Wirtschafts- und die Gesundheitspolitik erwähnte Tusk als
wichtigste Felder seiner Politik. Gleichzeitig warb der neue Premier um eine
gute Zusammenarbeit mit dem Präsidenten, der unter anderem durch Vetos gegen
vom Parlament beschlossene Gesetze auf die Politik Einfluss nehmen kann.
Präsident weist auf Erfolge seines Zwillingsbruders hin
Lech
Kaczynski fasste in einer kleinen Ansprache die Erfolge zusammen, die seiner
Ansicht nach die Vorgänger-Regierung seines Zwillingsbruders Jaroslaw
erzielt hatte. Die vergangenen beiden Jahre seien "eine Phase eines sehr
starken Wirtschaftswachstums" gewesen, so Kaczynski. Nach seiner Gratulation
an Tusk erinnerte der Präsident den neuen Regierungschef daran, dass die PO
im Wahlkampf ein noch höheres Tempo bei der wirtschaftlichen Entwicklung
versprochen hatte: "Die Hoffnungen der Polen sind deshalb groß", sagte
Kaczynski.
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Im neuen Kabinett besetzt die PSL drei von insgesamt 17 Fachministerien. Ihr Vorsitzender Waldemar Pawlak ist neuer Wirtschaftsminister. Die PO brachte viele unabhängige Fachleute an die Spitze von Ressorts. So ist der parteilose Ökonomie-Professor Jan Rostowski neuer Finanzminister. Der ebenfalls parteilose Experte für Strafrecht Zbigniew Cwiakalski ist nun Justizminister. Cwiakalski war im Vorfeld ebenso vehement von Präsident Lech Kaczynski kritisiert worden wie der parteilose Außenminister Radoslaw Sikorski.
Amtsgeschäfte nicht offiziell übergeben
Für
Irritationen sorgte, dass Tusks Vorgänger Jaroslaw Kaczynski (PiS) nicht an
der Zeremonie teilnahm und somit seine Amtsgeschäfte nicht offiziell
übergab. "Das ist kein leichter Moment für diejenigen, die abtreten. Ich
bitte um landesweite Geduld", kommentierte dies Tusk. Er habe stattdessen
einen Brief mit Glückwünschen von Jaroslaw Kaczynski bekommen, "der aus drei
Sätzen besteht", so der Regierungschef. Die Regierung werde ihre Tätigkeit
noch am Freitag mit der Überarbeitung des bisherigen Haushaltsentwurfes
beginnen, erklärte Tusk
Wahlergebnis
Bei der vorgezogenen Parlamentswahl am 21. Oktober
hatte die PO 41 Prozent der Stimmen erreicht. Die bisherige Regierungspartei
PiS kam auf 32 Prozent. Für die PSL stimmten neun Prozent. Den Einzug ins
Parlament schaffte außerdem das linksliberale Wahlbündnis LiD mit einem
Ergebnis von 13 Prozent. Das vorige Parlament hatte für seine
Selbstauflösung gestimmt, nachdem es der damals stärksten Fraktion PiS nicht
mehr gelungen war, eine Koalitionsmehrheit zu bilden.