Medienberichte

US-Justizminister Gonzales tritt zurück

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US-Justizminister Gonzalez stand in der Kritik wegen umstrittener Berufungen von Richtern. Nun wurde der Druck zu groß - er trat zurück.

Der seit Monaten umstrittene US-Justizminister Alberto Gonzales (52) hat seinen Rücktritt eingereicht. US-Präsident George W. Bush habe die Entscheidung akzeptiert, teilte das Weiße Haus am Montag in Washington mit. Gonzales stand seit Monaten unter Beschuss. Ihm werden unter anderem die Entlassung von acht Bundesanwälten aus politischen Gründen und der Missbrauch von Antiterrorgesetzen bei Lauschaktionen gegen US-Bürger angelastet. Nach Medienberichten soll Heimatschutzminister Michael Chertoff sein Amt übernehmen.

Bush will sich äußern
Das Justizministerium wollte zunächst keine Stellungnahme abgeben, kündigte aber eine Pressekonferenz um 16.30 Uhr MESZ an. Eine Nachfolgelösung werde nicht lange auf sich warten lassen, sagte der Regierungsvertreter. Um 17.30 Uhr MESZ wollte sich Präsident Bush zu dem Rücktritt äußern.

Ein ranghoher Regierungsbeamter sagte, die Entscheidung zum Rücktritt sei von Gonzales selbst ausgegangen. Die Regierung habe keinen Druck auf den Minister ausgeübt. Der Präsident habe den Rücktritt "mit großem Zögern angenommen". Nach seinem Anruf am Freitag sei Gonzales mit seiner Familie auf die Ranch der Familie Bush in Texas gereist, wo der Präsident zur Zeit zu seinem Sommerurlaub weilt. Einem Bericht des Fernsehsenders CNN zufolge ist die Nachfolge bereits geklärt: Heimatschutzminister Chertoff solle den Posten des Justizminister übernehmen, berichtete der Sender am Montag.

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Hintergrund der Kritik an Gonzales ist die Entlassung von acht der 93 ranghohen US-Bundesanwälte im vergangenen Jahr. Der Minister hatte behauptet, die Juristen seien wegen schlechter Leistungen entlassen worden. Kritiker des Justizministers sind jedoch davon überzeugt, dass sie wegen mangelnder Loyalität zur Bush-Regierung gefeuert wurden. Amtierende und frühere Regierungsmitarbeiter hatten dem ersten "Hispanic" an der Spitze des Justizministeriums deshalb vorgeworfen, den Ruf des Hauses beschädigt zu haben. Die Moral der Mitarbeiter habe gelitten und seine Beziehungen zu dem von den Demokraten dominierten Kongress seien unheilbar zerrüttet.

Gonzales war in der Affäre um die Entlassung von Bundesanwälten in den vergangenen Monaten immer stärker unter Druck geraten. US-Senatoren hatten ihm Mitte Juli offen ihr Misstrauen ausgesprochen. Er weiche Fragen aus, ändere immer wieder seine Aussagen und erzähle die Unwahrheit, warfen sie dem Minister bei einer Sitzung des Justizausschusses vor. Auch einflussreiche Politiker von Gonzales' Republikanischer Partei forderten zuletzt seinen Rücktritt. Der republikanische Senator Arlen Specter brachte zudem einen Sonderermittler zur Aufklärung der Vorgänge im Justizressort ins Gespräch. Im Juni trat zudem Gonzales' Stellvertreter Paul McNulty zurück.

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Das Justizministerium leitete im Juni Ermittlungen gegen den eigenen Ressortchef ein. Dabei ging es um die Frage, ob der Minister die Zeugenaussagen von Mitarbeitern zu der Angelegenheit beeinflussen wollte. Im Mittelpunkt stand ein Treffen von Gonzales und seiner inzwischen zurückgetretenen Beraterin Monica Goodling. Die Mitarbeiterin hatte bei ihrer Aussage vor einem Ermittlungsausschuss des Senats ausgesagt, ein Treffen mit Gonzales habe bei ihr ein "etwas unbehagliches Gefühl" hinterlassen.

Bush allerdings hatte bis zuletzt zu seinem umstrittenen Minister gehalten und Rücktrittsforderungen zurückgewiesen. Zudem weigerte sich der Präsident, mit seinen ehemaligen Top-Beratern Joshua Bolton und Harriet Miers enge Vertraute vor dem Kongress in der Affäre aussagen zu lassen. Der Druck des Weißen Hauses war stark genug, um ein symbolisches Misstrauensvotum gegen Gonzales Mitte Juni scheitern zu lassen: Den Abgeordneten der Demokratischen Partei gelang es nicht, ausreichend Republikaner auf ihre Seite zu ziehen, um die nötige Mehrheit von 60 Stimmen in dem 100 Mitglieder zählenden Senat bekommen.

Kritik nach Anschlägen vom 11. September
Der Justizminister war auch für Äußerungen angegriffen worden, einige Bestimmungen der mehr als 50 Jahre alten Genfer Konvention zum Schutz von Gefangenen seien hinfällig, andere veraltet. Auch seine rückhaltlose Unterstützung für ein umfangreiches Ausforschungsprogramm nach den Anschlägen vom 11. September 2001 trug ihm Kritik ein. Bush hatte den aus einfachsten Verhältnissen stammenden Gonzales stets in Schutz genommen und erklärt, sein Justizminister stehe für den sozialen Aufstieg der größten ethnischen Minderheit in den USA.

Gonzales war vom Präsidenten im Februar 2005 zum Justizminister ernannt worden. Der 52-Jährige war einer der letzten verbliebenen politischen Gefolgsleute von Bush aus dessen Zeiten als Gouverneur von Texas.

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