Bei dem Treffen einigten sich Vertreter Tibets und Chinas auf weitere Gespräche. China wiederholte aber seine Vorwürfe gegen den Dalai Lama.
"Die chinesische Zentralregierung und die privaten Vertreter des 14. Dalai Lama haben weitere Kontakte und Beratungen zu einem angemessenen Termin vereinbart", so Xinhua. Offen blieb, ob damit die erste Gesprächsrunde seit den Unruhen in Shenzhen in der Provinz Guangdong bereits zu Ende waren.
Bei dem Treffen hinter verschlossenen Türen wiederholten die chinesischen Regierungs- bzw. KP-Vertreter demnach ihre Forderung, dass der Dalai Lama sein Engagement für eine Unabhängigkeit Tibets sowie Versuche, die Olympischen Spiele zu sabotieren, unterlassen müsse. Dies seien Bedingungen für eine Fortsetzung des Dialogs. Der Dalai Lama hat diese Vorwürfe wiederholt zurückgewiesen.
Die Regierung hoffe, die Seite des Dalai Lama könne "glaubwürdige Schritte" unternehmen, um die Bedingungen für die nächste Gesprächsrunde zu schaffen. Dazu müsse sie damit aufhören, die Volksrepublik spalten zu wollen, sollten nicht mehr zu Gewalt aufwiegeln und nicht weiter die Olympischen Spiele im Sommer in Peking "sabotieren", schrieb Xhinua.
Indirekte Vorwürfe
Bei dem Treffen sagte Chinas Präsident
Hu Jintao vor Beginn der Gespräche, er hoffe, dass die Kontakte mit der
Seite des geistlichen Oberhaupts der Tibeter "positive Ergebnisse mit
sich bringen". Zugleich erneuerte Hu aber indirekt Vorwürfe gegen den
Dalai Lama, wie die japanische Nachrichtenagentur Kyodo berichtete. Nach den
Worten eines Sprechers des Dalai Lama in Dharmsala werde der Dialog im
südchinesischen Shenzhen mehrere Tage dauern. Das Olympische Feuer, dessen
Weg durch 20 Länder vielfach von pro-tibetischen Demonstrationen begleitet
worden war, traf unterdessen im chinesischen Kernland ein und wurde dort
erwartungsgemäß mit ungetrübtem Jubel empfangen.
Worte statt Taten
Hu sagte vor Journalisten kurz vor einer
geplanten Japan-Reise, er erwarte nicht nur Worte, sondern auch Taten vom
Dalai Lama. "Wir hoffen sehr, dass die Seite des Dalai Lama durch ihre
Handlungen zeigen kann, dass sie separatistische Aktivitäten, Anstiftung zur
Gewalt und die Sabotage der Olympischen Spiele in Peking tatsächlich
eingestellt hat." Dies sei Voraussetzung für eine neue Gesprächsrunde.
Seitens der chinesischen Regierung nahmen an dem Treffen zwei rangniedrige
Parteivertreter teil. Lodi Gyaltsen Gyari und Kelsang Gyaltsen sind die
Gesprächsparnter auf tibetischer Seite.
Vorsichtig optimistisch gaben sich die Gesandten des Dalai Lama vor den Gesprächen in der südchinesischen Metropole Shenzhen: "Wir hoffen, dass die Chinesen es mit den Gesprächen ernst meinen und sich mit den Problemen in Tibet auseinandersetzen wollen", sagte Tenzin Taklha, ein hochrangiger Vertrauter des Dalai Lamas. Er gehe davon aus, dass die Gespräche noch die nächsten zwei Tage andauerten. Über das Ergebnis werde erst im Anschluss daran in Dharamsala, dem indischen Sitz der tibetischen Exil-Behörden, berichtet. Seit 2002 hat es sechs Treffen zwischen China und Gesandten des tibetischen Oberhaupts gegeben. Keines brachte einen Durchbruch.
Drahtzieher der anti-chinesischen Proteste
Die Regierung in
Peking wirft dem im Exil lebenden Oberhaupt der Tibeter vor, eine
Unabhängigkeit der Region erreichen zu wollen und Drahtzieher der
anti-chinesischen Proteste in Tibet gewesen zu sein. Der
Friedensnobelpreisträger hat dies zurückgewiesen und wiederholt betont, ihm
gehe es nicht um Unabhängigkeit, sondern um kulturelle Autonomie der
Tibeter. Im Vorfeld des Treffens wurde der Dalai Lama erneut von staatlichen
Medien Chinas angegriffen. Dessen Unterstützer hätten die Unruhen in der
tibetischen Hauptstadt Lhasa Mitte März angezettelt, um die Vorbereitungen
für die Olympischen Sommerspiele in Peking zu stören, hieß es. Der scharfe
Ton ließ bei Experten Zweifel an einer Kompromissbereitschaft Chinas
wachsen.
Mit Begeisterung begleiteten unterdessen Tausende Chinesen am Sonntag den Beginn des olympischen Fackellaufs durch die Provinzen ihres Landes. "Vorwärts China" riefen am Straßenrand versammelte Menschen, als die Flamme ihren Weg vom Ferienort Sanya auf die südchinesische Tropeninsel Hainan antrat. "Wir sind sehr stolz darauf, die erste Station des Laufs im chinesischen Kernland zu sein", sagte der Chef der Kommunistischen Partei Sanyas vor ausgewählten Würdenträgern. Unter den Fackelträgern war der in Hongkong geborene Action-Star Jackie Chan.
Fackel in Sanya angekommen
Unter dem Jubel von zehntausenden
Chinesen wurde die olympische Fackel durch Sanya getragen. Schaulustige
begrüßten die 208 Fackelläufer auf der 30 Kilometer mit frenetischem
Beifall, wie die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua berichtete. Viele
schwenkten die rote chinesische Flagge oder Olympia-Fähnchen. Der Fackellauf
fand unter starken Sicherheitsvorkehrungen statt. Die Flamme war am
Samstagabend auf der bei Urlaubern beliebten größten Insel der Volksrepublik
angekommen. Nächste Station ist die Stadt Wuzhishan, ebenfalls auf Hainan.
Dann wird die Fackel auf ihrem Weg nach Peking durch 31 Provinzen, Autonome
Gebiete und unmittelbar der Regierung unterstellte chinesische Städte
getragen.
Zuvor war die Fackel durch die ehemaligen Kolonien Hongkong und Macao getragen worden, die zwar zum Staatsgebiet der Volksrepublik gehören, aber über einen politischen Sonderstatus verfügen. Anders als im restlichen China waren dort anti-chinesische Proteste erlaubt. Es gab in Hongkong auch vereinzelte Proteste und Spannungen, während es beim Lauf durch das ehemals portugiesische Macao am Samstag ruhig blieb. Nach den teilweise massiven Protesten bei der weltweiten Tournee durch 19 Länder hat für die Fackelläufer in China damit die von Peking beschworene "Reise der Harmonie" begonnen. Der Lauf wird unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen auch durch Tibet gehen. Dort mussten Bergsteiger am Mount Everest bereits seit drei Tagen auf etwa 6500 Metern ausharren.