Rückgang der Arbeitslosenquote, Steuerentlastungen und makroökonomische Gesamtverbesserung dürften sozialistischer Regierung Wahlsieg garantieren.
Lissabon. Innenpolitisch stand Portugals sozialistischer Regierungschef Antonio Costa (PS) in den vergangenen Monaten unter enormem Druck. Günstlingswirtschaft und Korruptionsvorwürfe überschatteten sein Kabinett. Im August führte ein Tanklastfahrer-Streik zu landesweiten Kraftstoffengpässen.
Im Juni bewegten ihn Lehrerstreiks fast zum Rücktritt. Behalten jüngste Umfragen recht, dürften Costas Sozialisten am kommenden Sonntag dennoch relativ klar die Parlamentswahlen gewinnen.
Grund dafür ist vor allem der aktuelle Wirtschaftsboom, der unter seiner Regierung eingeleitet wurde. Als Costa 2015 trotz Wahlniederlage mit Unterstützung linksradikaler Parteien eine Minderheitsregierung bildete und ankündigte, die mit der Europäischen Union vereinbarte Spar- und Austeritätspolitik der konservativen Vorgängerregierung zu modifizieren, läuteten von Berlin über Brüssel bis hin zum Internationalen Währungsfonds die Alarmglocken.
Vier Jahre später steht Portugal wirtschaftlich so gut wie schon lange nicht mehr da. Costa hob den Mindestlohn um 20 Prozent an, animierte steuerlich den Inlandskonsum und erhöhte erneut staatliche Investitionen. Die Kürzungen von Renten und Beamtenlöhne der Vorgängerregierung wurden rückgängig gemacht. Die Einkommenssteuer für Geringverdiener wurde reduziert, die Sozialleistungen erhöht. Gleichzeitig führte er die Sparmaßnahmen der Vorgängerregierung und die Restrukturierung der Wirtschaft zumindest in abgeschwächter Form fort.
Das Ergebnis lässt sich sehen: Das wachsende Vertrauen der Finanzmärkte spiegelt sich in fallenden Renditen für Staatsanleihen wider. Der Exportmarkt zieht an und macht mittlerweile 44 Prozent des BIP aus. Die Arbeitslosenquote wurde von 19 (2013) auf heuer 6,5 Prozent halbiert. Das Staatsdefizit sank, Schulden wurden abgebaut. "Costa hat die Wirtschaft aus dem "Dürretal" ins "gelobte Land" des Wirtschafts-Booms geführt. Dabei hat er es geschafft, die Stimmung in der Bevölkerung zum Positiven zu verändern", versichert Esther Maca, stellvertretende WKÖ-Wirtschaftsdelegierte in Lissabon, im Gespräch mit der APA.
Natürlich sei der aktuelle Wirtschaftsboom nicht ausschließlich auf Costas Politik zurückzuführen. Der Grundstein für den Weg aus der Finanz- und Wirtschaftskrise, die Portugal fast zehn Jahre fest im Griff hatte, sei mit der Sparpolitik der konservativen Vorgängerregierung gelegt worden, die Costa in Grundzügen abgeschwächt weiterführte, so die stellvertretende WKÖ-Wirtschaftsdelegierte. Zudem habe die sozialistische Regierung von der generellen Erholung der Weltwirtschaft profitiert.
Bei der wirtschaftlichen Erholung des Landes spielte zudem die "Anpassungs- und Widerstandsfähigkeit der portugiesischen Unternehmen eine wichtige Rolle", stellt Antonio Saraiva, Vorsitzender des portugiesischen Arbeitgeberverbands CIP, gegenüber der APA klar.
Dennoch bewertet auch der Arbeitgeber-Vertreter die Arbeit der aktuellen Regierung positiv. Zwar sei die Steuerbelastung für Unternehmen immer noch zu hoch. Auch wurde der Aufwärtstrend der Körperschaftssteuer noch nicht umgekehrt. "Aber die Haushaltsumstellung hat es uns ermöglicht, auf den internationalen Finanzmärkten eine höhere Glaubwürdigkeit bei historisch niedrigen Zinssätzen zu genießen".
Wie hoch der Anteil von Costas Regierungspolitik am Wirtschaftsaufstieg Portugals nun auch sein mag. Für Politikexperten Fernando Ampudia de Haro steht fest: "Der Wirtschaftsboom wird den Sozialisten den Wahlsieg bescheren. Sie haben bewiesen, trotz einer gewissen Abhängigkeit von linken Parteien eine verantwortliche und erfolgreiche Haushaltspolitik zu machen". Dabei gibt er zu bedenken, dass die Wähler nicht nur die makroökonomische Verbesserung wahrnehmen, sondern auch die persönlichen Vorteile. "Vor allem die Geringverdiener, von denen es nicht wenige in Portugal gibt, spüren die verbesserte Arbeitsmarktlage, die Anhebung des Mindestlohns auf 600 Euro und die reduzierte Einkommenssteuer", versichert der Politologe von der Europa-Universität in Lissabon im Gespräch mit der APA.