Der Mitangeklagte belastet den früheren Vize-Konsul in Belgrad schwer. Er soll beim Ausstellen illegaler Sichtervermerke "erwischt" worden sein.
Im Visa-Prozess ist am Mittwoch im Wiener Straflandesgericht ein weiterer Mitarbeiter des Außenministeriums in den Verdacht geraten, unrechtmäßige Sichtvermerke ausgestellt zu haben. Der ehemalige Vize-Konsul an der Botschaft in Budapest muss sich seit Anfang Jänner vor einem Schöffensenat verantworten, weil er gegen ein entsprechendes "Körberlgeld" wissentlich getürkte Visa-Anträge bewilligt und damit tausende Moldawier und Serben den Eintritt in den Schengen-Raum ermöglicht haben soll.
Gefälschte Verpflichtungserklärungen
Fünf Beteiligte,
die mit fingierten Einladungen und gefälschten Verpflichtungserklärungen
Interessenten die nötige Basis für ihre Visa-Ansuchen gelegt hatten, sind
von Staatsanwalt Friedrich Alexander Koenig wegen Amtsmissbrauchs,
Bandenbildung und Schlepperei mitangeklagt worden. Einer von ihnen hat heute
einen ehemaligen Vize-Konsul an der Belgrader Botschaft belastet: Der
74-Jährige Unternehmer, der zugibt, selbst Hunderten Serben falsche
Sichtvermerke vermittelt zu haben, erklärte, der nach wie vor in Diensten
des Außenamtes stehende Mann sei im Sommer 2001 beim Ausstellen illegaler
Visa "erwischt" worden.
Zentralfigur: verstorbener Generalkonsul
Konkret habe der
mittlerweile verstorbene Generalkonsul, der als Zentralfigur im illegalen
Visa-Handel gilt, seinen damaligen Stellvertreter an einem Sonntag in der
Botschaft beim unrechtmäßigen Stempeln von Sichtvermerken überrascht. Der
Vize-Konsul sei daraufhin in die Verwaltungsabteilung versetzt und ihm zudem
die Zeichnungsberechtigung entzogen worden. Offenbar habe der Generalkonsul
zu diesem Zeitpunkt nicht geduldet, dass neben ihm noch jemand
amtsmissbräuchlich tätig war, deutete der Unternehmer an.
Ursprünglicher Verdacht liegt Jahre zurück
Der
Staatsanwalt betonte, gegen den Verdächtigen sei im Vorfeld ermittelt, die
Anzeige aber zurückgelegt worden. Als der Generalkonsul Anfang 2002 nach
Budapest versetzt wurde, soll sein Vize-Konsul anderen Angaben zufolge
nämlich "Schmiergeldzahlungen" bzw. Versuche zurückgewiesen, inhaltlich
unrichtige Anträge zu genehmigen, was in diametralem Widerspruchs zur
nunmehrigen Aussage des 74-jährigen Firmenchefs steht.
Der ehemalige Vize-Konsul in Belgrad ist für kommenden Freitag als Zeuge geladen.