Türkei-Bericht

Zentrale Kritikpunkte im Wortlaut

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Im folgenden Auszüge aus dem knapp 80-seitigen Papier, insbesondere die zentralen Kritikpunkte der Kommission:

+ Zu den Beziehungen zwischen ziviler Führung und Militär:
"Insgesamt gab es begrenzten Fortschritt bei der Anpassung der zivilen und militärischen Beziehungen an die EU-Praxis. Meinungsäußerungen des Militärs sollten ausschließlich Militär-, Verteidigungs- und Sicherheitsangelgenheiten betreffen und unter der Aufsicht der Regierung stattfinden, während die zivile Führung ihrer Aufsichtspflicht voll nachkommen sollte, besonders in Hinblick auf die Erarbeitung und Umsetzung der nationalen Sicherheitsstrategie, inklusive der Beziehungen zu den Nachbarländern."

+ Zum Justizsystem:
"Insgesamt wurden die Fortschritte bei der Justizreform fortgesetzt. Allerdings ergibt sich bei der Umsetzung der neuen Gesetze im Rechtssystem bisher ein gemischtes Bild, zudem muss die Unabhängigkeit der Justiz weiter ausgebaut werden."

+ Zu Folter:
"Insgesamt enthält der Rechtsrahmen der Türkei ein umfassende Reihe von Maßnahmen zum Schutz vor Folter und Misshandlungen. Die Zahl der Fälle von Folter und Misshandlungen ist in der Berichtsperiode zurückgegangen. Dennoch gibt es weiter Bedenken wegen Fällen außerhalb von Gefängnissen, Menschenrechtsverletzungen im Südosten des Landes und Problemen mit Straffreiheit."

"Es gibt Berichte über Fälle von Misshandlungen durch Gefängnispersonal. Zivile und Militärgefängnisse sind für unabhängige Untersuchungen nicht zugänglich, nachdem die Ratifizierung des Freiwilligen Protokolls der UNO-Konvention gegen Folter noch aussteht."

+ Zu Meinungsfreiheit:
"Gewisse Fortschritte wurde im Bereich von Fernsehberichten in anderen Sprachen als Türkisch auf lokaler und regionaler Ebene festgestellt."

"Die Verfolgung und Verurteilung von nicht gewalttätiger Meinungsäußerung unter bestimmten Vorschriften des Strafgesetztes geben allerdings Anlass zu ernsthafter Sorge und können zu einem Klima der Selbstzensur in dem Land beitragen. Das ist insbesondere der Fall bei Paragraf 301, der die Beleidigung des Türkentums, der Republik sowie der Organe und Einrichtungen des Staates unter Strafe stellt. Obwohl dieser Artikel Bestimmungen enthält, dass die Äußerung von kritischen Gedanken nicht als Verbrechen gewertet werden sollte, wurde er wiederholt angewendet, um nicht gewalttätige Meinungsäußerungen von Journalisten, Schriftstellern, Verlegern, Wissenschaftlern und Menschenrechtsaktivisten zu verfolgen."

"Vor diesem Hintergrund muss Paragraf 301 an die entsprechenden europäischen Standards angepasst werden. Dasselbe gilt für die anderen Paragrafen, die zur Verfolgung nicht gewalttätiger Meinungsäußerung verwendet wurde und die Meinungsfreiheit einschränken können. Die möglichen Auswirkungen des Anti-Terror-Gesetzes auf die Meinungsfreiheit geben Anlass zur Sorge."

"Insgesamt haben offene Debatten in der Türkei auf einem breiten Themenfeld in den vergangenen Jahren zugenommen. Trotz dieses Trends ist Meinungsfreiheit nach europäischen Standards mit dem bestehenden Gesetzesrahmen nicht garantiert. "

+ Zu Religionsfreiheit:
"Nicht-moslemische Religionsgemeinschaften haben keine Rechtspersönlichkeit und sind weiter mit Einschränkungen bei den Eigentumsrechten konfrontiert."

"Darüber hinaus bleiben die Beschränkungen für die Ausbildung von Geistlichen und ausländischen Geistlichen, die in der Türkei arbeiten wollen, aufrecht. Das türkische Gesetz sieht keine private höhere religiöse Bildung für diese Gemeinschaften vor."

"Insgesamt wird die Religionsfreiheit weiterhin allgemein respektiert. Allerdings gibt es keinen Fortschritt bezüglich der Schwierigkeiten von nicht-moslemischen Religionsgemeinschaften. Darüber hinaus sind die Aleviten weiterhin Opfer von diskriminierenden Praktiken.

+ Zu Zypern:
"Die Türkei hat das im Juli 2005 unterzeichnete Zusatzprotokoll, mit dem das EU-Türkei-Zollabkommen auf die im Mai 2004 beigetretenen zehn neuen Mitgliedstaaten ausgedehnt wird und das den Start der Beitrittsverhandlungen ermöglich hat, nicht voll umgesetzt. Die Türkei verweigert Schiffen unter zypriotischer Flagge oder solchen die aus Zypern kommen, weiterhin den Zugang zu ihren Häfen."

"Keinen Fortschritt gab es in irgendeinem Aspekt der Normalisierung der bilateralen Beziehungen mit der Republik Zypern. Die Türkei blockiert weiterhin per Veto die Mitgliedschaft Zyperns in internationalen Organisationen wie der OECD oder die Teilnahme an dem Wassenaar Abkommen zu Waffenexporten."

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