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EU nimmt Gift-Spielzeug in Visier

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Gift aus China: Mattel ruft zum dritten Mal Spielwaren wegen zu hoher Bleiwerte zurück. Die EU will mehr Kontrolle.

Die EU-Kommission denkt nach der Serie von Rückrufaktionen von giftigem Spielzeug über radikale Schritte nach. Unter anderem werde zur Zeit in Brüssel beraten, ob die Hersteller künftig alle Prototypen von Spielsachen für den EU-Markt von einer dritten Stelle wie etwa dem TÜV prüfen lassen müssten, sagte Industriekommissar Günter Verheugen der "Süddeutschen Zeitung" (Donnerstag). Die Verbraucher müssten allerdings wissen, dass der Kontrollaufwand dann beträchtlich sein werde und Spielzeug erheblich teurer würde, warnte Verheugen. Er kündigte eine Neufassung der EU-Spielzeug-Richtlinie bis Weihnachten an.

Die Kommission wolle unter anderem mit schärferen Auflagen das Risiko gefährlicher Chemikalien im Kinderspielzeug verringern. Er habe bereits bei seinem Amtsantritt vor drei Jahren eine Neufassung der Spielzeug-Richtlinie in Auftrag gegeben, sagte Verheugen. Der US-Spielzeugriese Mattel hatte zum dritten Mal binnen weniger Wochen weltweit hunderttausende in China produzierte Spielzeuge zurückgerufen. Grund ist wie in den meisten vorangegangenen Fällen bleihaltige Farbe.

675.000 Barbie-Artikel
Betroffen sind diesmal Zubehör von Barbie-Puppen und Artikel der Marke Fisher-Price, wie Mattel und die US-Verbraucherschutzkommission am späten Dienstagabend (Ortszeit) bekanntgaben. Auch Österreich ist betroffen. Im Einzelnen handelt es sich um 675.000 Artikel von Barbie-Accessoires, die zwischen 30. September 2006 und 20. August 2007 hergestellt wurden. Auch knapp 9.000 Artikel aus der Serie "Big World 6-in-I Bongo Band" von Fisher-Price wurden zurückgerufen. Sie kamen in den USA zwischen Juli und August 2007 in den Handel.

Spielzeug zurückschicken
Die Rückrufaktion betrifft auch Österreich: Die Anzahl beläuft sich in Österreich auf rund 3.790 Stück. Mattel tauscht diese kostenlos gegen gleich- oder höherwertige Produkte aus. Dazu seien weder Originalverpackung noch Rechnung nötig. Das Spielzeug kann kostenfrei an Mattel zurückgeschickt werden. Welche Spielzeugteile genau betroffen sind, erfahren Sie auf der Homepage von Mattel oder unter der kostenfreien Telefonnummer: 0800/202801.

Bereits über 20 Mio. Rückrufe
Mattel hatte in den vergangenen Wochen über 20 Millionen in China produzierte Artikel zurückgerufen. Sie waren unter anderem mit bleihaltiger Farbe belastet. Blei kann zu Hirnschäden führen, wenn es von Kindern aufgenommen wird.

Ermittlungen
Der Mattel-Vorsitzende Robert Eckert, hatte im vergangenen Monat bei einer Pressekonferenz bereits gewarnt, dass es weitere Rückrufaktionen geben könnte. Der Konzern hatte nach den ersten beiden Rückrufen vom 1. und 14. August Ermittlungen in chinesischen Zulieferbetrieben aufgenommen und neue Test veranlasst. Die US-Verbraucherschutzkommission erklärte am Dienstag, man prüfe die Einleitung von Ermittlungen, ob Mattel im Zusammenhang mit der Rückrufaktion vom 14. August die Behörden rechtzeitig verständigt habe.

Gefahr fürs Weihnachtsgeschäft?
80 Prozent des weltweit verkauften Spielzeugs wird in China hergestellt. Hersteller und Händler fürchten nun, dass die Rückrufaktionen das bevorstehende Weihnachtsgeschäft belasten können.

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05.09.07: Spielzeug
Mattel ruft zum dritten Mal innerhalb weniger Wochen Spielzeug aus China zurück. Betroffen sind etwa 675.000 Artikel von Barbie-Accessoires, die zwischen 30. September 2006 und 20. August 2007 hergestellt wurden.

03.09.07: Spielzeug
Spielzeug wie zum Beispiel Schnorchel enthalten Phthalate. Das finden deutsche Experten des TÜV-Rheinland heraus. Diese Weichmacher sind verboten, weil sie krebserregend sind. Im Körper von Kindern wirken sie wie ein Hormon.

02.09.07: Buntstifte
Kanada ruft zehntausende bleihaltige Buntstifte aus chinesischer Produktion zurück. Rund 140.000 Sets müssen aus den Regalen genommen werden. Die Holzhülle der Stifte ist mit giftiger bleihaltiger Farbe lackiert.

23.08.07: Spielzeug
In den USA sind 300.000 in China gefertigte Spielzeuge zurückgerufen worden. Die Artikel enthielten womöglich einen gefährlich hohen Bleianteil. Betroffen seien vor allem 250.000 Adressbücher für Kinder mit Spiralhalterung, bei denen die Farbe an den Spiralen zu viel Blei enthalte. Ebenfalls betroffen sind Spielzeugkreisel und -Eimer.

22.08.07:Stäbchen
Ein chinesisches Unternehmen hat mehrere hunderttausend gebrauchte Essstäbchen verkauft, ohne sie vorher zu desinfizieren. Laut Medienberichten vom Mittwoch fand die Polizei in einer Fabrik in Peking mehr als eine Million gebrauchte Essstäbchen. Der Inhaber gab an, täglich bis zu 200.000 Stück neu verpackt und weiterverkauft zu haben. Damit habe er umgerechnet rund 100 Euro am Tag verdient.

20.08.07: Baby-Lätzchen
Der US-Spielwarenhändler Toys "R" Us hat eine landesweite Rückrufaktion für eine Million Baby-Lätzchen aus China gestartet. Wie das Unternehmen in Wayne (US-Bundesstaat New Jersey) mitteilte, sei diese Entscheidung wegen des Bleigehalts in den Vinyl-Lätzchen und möglicher Gesundheitsrisiken für Kleinkinder gefällt worden. "Toys R Us" ruft auch im deutschsprachigen Raum Baby-Lätzchen aus China zurück. Auch Österreich ist betroffen.

19.08.07: Kinderkleidung
Neuseeländische Wissenschaftler haben hohe Konzentrationen einer Krebs erregenden Substanz in Kinderkleidung aus China gefunden. In den Woll- und Baumwollsachen sei bis zu 900 mal mehr Formaldehyd festgestellt worden als das, was die Weltgesundheitsorganisation (WHO) für unbedenklich halte. Nach WHO-Untersuchungen könnten Konzentrationen von 20 pro eine Million Teilen Schleimhautreizungen, Hautirritation und Unwohlsein auslösen.

14.08.07: Zahnpasta
Die US-Lebensmittelbehörde FDA rief am Dienstag eine an Hotelketten ausgelieferte Zahnpasta aus China zurück, nachdem in Proben Spuren des Frostschutzmittels Diethylglykol (DEG) entdeckt worden waren. Vertrieben wird diese Zahncreme von dem US-Ausstatter von Toilettenartikeln Gilchrist & Soames, zu dessen Kunden Hotels in der ganzen Welt gehören, darunter auch in Deutschland.

14.08.07: Spielzeug
Mattel Austria startete die größte Rückholaktion der Firmengeschichte. Zu den in Österreich betroffenen Artikeln zählen unter anderem ein Spielzeugauto aus dem "CARS"-Sortiment, dessen Lackierung unerlaubte Bleiwerte enthält. Vom Rückruf betroffen ist auch Magnetspielzeug aus verschiedenen Produktserien. In Österreich allein sind 90.000 Produkte betroffen. Weltweit sind es 18 Millionen.

10.07.07: Meeresfrüchte, Obst
China geht gegen den Export gesundheitsgefährdender Produkte vor. 14 Unternehmen wurden auf die schwarze Liste gesetzt. Zu den beanstandeten Produkten gehörten eingelegte Meeresfrüchte oder Obst, die für den Export nach Japan, Kanada, die USA und Europa bestimmt waren. Einige Waren enthielten unzulässige Mengen Schwefeldioxid oder schädliche Bakterien.

31.05.07: Tödliche Zahnpasta
Die Polizei in Nicaragua hat mehr als 40.000 Tuben aus China stammender Zahnpasta beschlagnahmt, die möglicherweise eine potenziell tödliche Chemikalie enthält. Wie das Gesundheitsministerium in der Hauptstadt Managua am Donnerstag mitteilte, starben an Diethylenglykol bereits mehr als 50 Menschen in Panama. Möglicherweise seien noch bis zu 80.000 Tuben der Zahnpasta auf dem Markt, erklärte das Ministerium.

10.05.07: Tierfutter
Der US-Tierfutterproduzent Nutro hat rund 100 Tonnen Hunde- und Katzennassfutter zurückgerufen. In den USA hatte laut Nutro der Vorlieferant Menu Foods eine mit schädlichen Stoffen belastete Zutat aus China verarbeitet. Daraufhin waren in den USA zahlreiche Tiere verendet, die das verdorbene Futter gefressen hatte.

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