Nach der Aussage von Kurt Pribil wird klar, dass die FMA seinerzeit nichts gegen die verlustreichen Vorgänge in der BAWAG unternommen hat.
Der Vorstand der Finanzmarktaufsicht (FMA), Kurt Pribil, hat am Mittwoch bei seiner Zeugenaussage im BAWAG-Prozess betont, dass seine Behörde bei der Übernahme tausender Akten vom Finanzministerium im April 2002 keine Anzeichen für Probleme bei der BAWAG gehabt habe. "Die BAWAG wurde von den Mitarbeitern des Finanzministeriums nicht als Problem dargestellt", sagte Pribil. Die FMA wurde am 1. April 2002 als Aufsichtsbehörde operativ tätig.
"Im Bericht etliche Fragen offen gelassen"
Den
BAWAG-Prüfbericht 2001 der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) habe er
erst Jahre später, nämlich Ende 2005, Anfang 2006 gesehen. "Der
Bericht war kein Thema bei der Übergabe der Akten vom Finanzministerium",
sagte Pribil. "Ich glaube schon, dass der Bericht 2001 ein kritischer
Bericht war, er ließ aber etliche Fragen offen", meinte der
FMA-Vorstand heute im Zeugenstand dazu. Der OeNB-Bericht sei von den
Mitarbeitern des Finanzministeriums jedenfalls "abgearbeitet"
gewesen, für die FMA sei die aktuelle Situation der Bank ausschlaggebend
gewesen.
"Alle Alarmglocken der Republik hätten läuten sollen!"
Laut
FMA-Vorstand Heinrich Traumüller hätten als Reaktion auf den OeNB-Bericht
2001 "alle Alarmglocken der Republik läuten müssen",
hielt Richterin Claudia Bandion-Ortner dem FMA-Vorstand Pribil die Aussage
seines Vorstandskollegen im parlamentarischen U-Ausschuss vor. So sei im
Bericht vermerkt, dass die BAWAG bis zum Ende der Prüfung eine Auflistung
der Offshore-Geschäfte schuldig geblieben sei. "Mit der Weisheit
des Rückblicks" seien diese Dinge heute anders zu interpretieren
als zum damaligen Zeitpunkt, meinte Pribil dazu. Heute würde die FMA
jedenfalls entschiedener vorgehen, wenn es Probleme mit dem Zugang zu
Dokumenten gebe, auch gebe es häufiger Koordinationssitzungen mit der OeNB.
"Die BAWAG stand auf Grün"
Bei einer Sitzung des
Koordinationsforums mit Vertretern der OeNB im Jahr 2002 habe er, Pribil,
vorgeschlagen, die nächste Prüfung der BAWAG auf 2002 vorzuziehen. Die
OeNB-Mitarbeiter hätten sich aber dafür eingesetzt, die BAWAG erst 2003 zu
prüfen. Als Grund seien Kapazitätsgründe genannt worden sowie dass dann die
Organisationsumstellung (durch die Fusion mit der PSK) geprüft werde. "Das
war eine absolut sachliche Diskussion", so Pribil: "Die BAWAG
stand auf Grün", erklärte er, dass die Aufsicht damals offenbar
keine Probleme bei der Bank sah. Die Unterlagen hätten keine Hinweise
enthalten, der Akt sei erledigt gewesen und es habe damals ohnehin einen
Rückstau bei den übernommenen Vorortprüfungen gegeben, der Vorjahresplan
konnte also damals nicht eingehalten werden und es musste neu geplant
werden, führte er weitere Gründe für die daraufhin erst 2003 erfolgte
Prüfung der BAWAG an.
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2000 bereits nichts in Ordnung
Damals, im Jahr 2000, war bei der
BAWAG aber nichts in Ordnung, sondern es habe eigentlich eine
Bestandsgefährdung der Bank vorgelegen, erklärte FMA-Vorstand Kurt Pribil
heute im Zeugenstand. Der Wirtschaftsprüfer hätte daher laut Pribil dem
Finanzministerium eine Mitteilung machen und dadurch seine Redepflicht
wahrnehmen müssen. Im BAWAG-Prozess ist auch der damalige Wirtschaftsprüfer
der BAWAG von der Prüfungsgesellschaft KPMG, Robert Reiter, angeklagt.
Redepflicht "zu eng interpretiert"
Der betreffende
Paragraf des Bankwesensgesetzes sei allerdings von den meisten
Wirtschaftsprüfern "zu eng interpretiert" worden, so dass diese erst wenige
Tage vor einer Konkursanmeldung ihrer Redepflicht nachgekommen seien. Die
gesetzliche Vorschrift zur Redepflicht der Wirtschaftsprüfer sei daher auch
verschärft worden. Auf Befragung durch den Anwalt des angeklagten
Wirtschaftsprüfers Reiter, Thomas Kralik, erläuterte Pribil, dass sich die
Bestandsgefährdung durch die hohen Verluste und damit verbundene
Eigenmittelprobleme ergeben habe, "das sage ich mit Hausverstand".
Pönalisierungsbescheid bereits 2007 an BAWAG verschickt
Einen
Pönalisierungsbescheid wegen Verletzung der Großveranlagungsgrenze hatte die
FMA im Jahr 2007 an die BAWAG geschickt. Der Bescheid sei erst nach der
letzten und ausführlichen BAWAG-Prüfung im Jahr 2006 verfasst worden,
erläuterte Pribil. Der FMA-Vorstand verneinte, Zeitdruck auf die Prüfer von
Ernst & Young ausgeübt zu haben, die bei dieser Bankprüfung im Auftrag der
Finanzmarktaufsicht die Ereignisse bei der BAWAG untersuchten. Man habe die
Prüfer gebeten, mit ihrem Bericht im August 2006 fertig zu sein, da die FMA
den Bericht gemeinsam mit dem Bericht der Notenbank abarbeiten wollte. Einen
Zusammenhang mit der Nationalratswahl am 1. Oktober 2006 gebe es dabei
nicht, so Pribil auf Befragung durch Anwalt Kralik. Das Finanzministerium
habe keine zeitlichen Vorgaben gemacht, sondern lediglich Zwischenberichte
erhalten wollen.
2003 noch Fokus auf Fusion
Bei der BAWAG-Prüfung 2003 sei der
Fokus auf die Fusion der BAWAG mit der PSK gelegt worden. Dass dabei
"Verrechnungsverbindlichkeiten" in Höhe von rund 1,4 Mrd. Euro in die AVB
geschoben wurden, sei der Aufsicht damals nicht außergewöhnlich aufgefallen,
sagte Pribil auf Befragung durch den Vertreter des ÖGB, Michael Rovina. Dass
die Forderungen nicht werthaltig waren habe die Aufsicht damals nicht
gewusst. "Wenn der Eigentümer einen Teil der Forderungen in seine Bilanz
zieht, ist das nichts Außergewöhnliches". Tatsächlich wurden dadurch die
BAWAG-Verluste der ÖGB-Tochter Anteilsverwaltung BAWAG P.S.K. (AVB)
"umgehängt".
Einflussnahme durch Grasser?
Richterin Claudia Bandion-Ortner
fragte Pribil dann zum "berühmten Schreiben von Grasser", in dem der frühere
Finanzminister Karl-Heinz Grasser unter anderem als Zielvorgaben "keine
Verfehlungen der Behörden", "Netzwerk der SPÖ verantwortlich für den Schaden
der BAWAG und im ÖGB" nannte. "Die Ziele mögen etwas eigenartig gewesen
sein, wir haben rein sachlich geantwortet", so Pribil. Die "trocken
formulierten" Antworten seien an das Finanzministerium übermittelt worden
zur Vorbereitung für einen Bericht an den Unterausschuss des
parlamentarischen Rechnungshofausschusses. Eine Einflussnahme durch den
Finanzminister auf die Prüfungshandlungen sieht Pribil durch dieses
Grasser-Papier und dessen Zielvorgaben nicht.