Die Kassen stehen nach der gescheiterten Reform vor dem Bankrott und müssen jetzt auch noch mit stark steigenden Arzneikosten kämpfen.
Die Ausgaben für Medikamente laufen trotz aller Sparversuche aus dem Ruder, wie die ÖSTERREICH vorliegende Bilanz des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger zeigt: Die Heilmittel-Kosten sind im ersten Halbjahr um 8,31 Prozent explodiert.
Kosten sind doppelt so hoch wie erwartet
Daher mussten die
Krankenversicherungen bisher um rund 78,4 Millionen Euro mehr aufwenden als
noch im Vorjahr. Der Anstieg sei in etwa doppelt so hoch wie erwartet, sagte
Hauptverband-Vorsitzender Erich Laminger gegenüber ÖSTERREICH. Insgesamt
wurden im ersten Halbjahr allein über die öffentlichen Apotheken Arzneien im
Wert von über einer Milliarde Euro abgegeben.
Zu viele ärztliche Verschreibungen
Als Ursachen für die
Kostenexplosion nennt Laminger das Plus bei den ärztlichen Verschreibungen
(2,4 Prozent mehr) sowie die teurer werdenden Medikamente – vor allem jener
zur Behandlung von Krebs. Ein Hintergrund laut dem Hauptverband-Chef: Viele
Medikamente, die früher im Spital via Infusionen verabreicht worden sind,
könnten inzwischen von niedergelassenen Ärzten in Tablettenform verschrieben
werden. Das belaste natürlich die Kassen. „Steuermittel, die bisher in den
Spitalsbereich geflossen sind, müssten zur Sozialversicherung umgelenkt
werden“, will Laminger ein Geld-folgt-Leistung-Prinzip.
Ärzte und Patienten gefordert
Der Experte nimmt aber auch
Ärzte und Patienten in die Pflicht. „Beide fürchten sich zwar vor dem
Finanzkollaps der Kassen, tragen aber gerade mit ihrem eigenen Verhalten
sehr viel dazu bei“, ortet Laminger überflüssige Rezept-Verschreibungen. Ein
Beispiel: Während der durchschnittliche Oberösterreicher im Vorjahr nur 12
Arznei-Verordnungen benötigte, waren es in Wien immerhin 16 pro Person.
Kassen vor Bankrott
Klar ist: Die gescheiterte Gesundheitsreform
hätte gerade im Medikamentenbereich Einsparungen bringen sollen – etwa über
eine strengere Kontrolle der Rezept-Verschreibungen und einen
millionenschweren „Solidarbeitrag“ der Pharma-Industrie. Jetzt werden die
maroden Kassen durch den Kostenanstieg zusätzlich belastet. Schon im Vorjahr
mussten rund 20 Prozent des Kassenbudgets für Heilmittel aufgewendet werden.