Russland macht die Grenzen dicht - für Fleisch aus der EU. Der Grund: In Proben entdeckten die Behörden Spuren von Antibiotika.
Nach jahrelangem Streit um Fleischeinfuhren aus Polen hat Russland seine Grenzen erneut für Importe aus der EU dichtgemacht. Schon seit April ließen die russischen Behörden Schweinefleisch- und Geflügelprodukte von etwa 70 Firmen in Deutschland und sechs weiteren EU-Ländern nicht mehr ins Land, erklärte die EU-Kommission am Dienstag und damit zwei Tage vor dem EU-Russland-Gipfel. Begründet werde das Einfuhrverbot damit, dass in der Ware Spuren von Antibiotika entdeckt worden seien. In Deutschland seien 13 Firmen betroffen, die Exportausfälle seien aber vergleichsweise gering. Die deutsche Fleischwirtschaft vermutet hinter den Sperren Protektionismus zugunsten russischer Erzeuger.
Dänische Firmen
Besonders betroffen sind nach
Kommissionsangaben Firmen in Dänemark, die derzeit auf etwa der Hälfte ihrer
Schweinefleisch-Exporte nach Russland sitzen blieben. Insgesamt liege der
Wert der abgewiesenen Waren aus der EU "sicherlich bei über 100 Millionen
Euro". Russland könne natürlich Fleisch mit Antibiotika-Spuren zurückweisen,
müsse dabei aber klare Verfahren anwenden, betonte die Brüsseler Behörde. Es
gebe zumindest den "Verdacht", dass das russische Vorgehen zum Ziel habe,
die heimischen Erzeuger zu schützen. So seien die Kontrollen plötzlich
verschärft worden, nachdem es offizielle Aufrufe zur Erhöhung der
Eigenversorgung gegeben habe.
Für die deutsche Fleisch-Branche sind die russischen Einfuhrsperren "seit Wochen und Monaten" ein Problem. Die Exporte bestimmter Betriebe seien "relativ kurzfristig" immer wieder gestoppt und dann wieder genehmigt worden, erklärte der Präsident des Bundesfachverbands Fleisch, Patrick Steinke. Laut der offiziellen Erklärungen sei das Fleisch kontaminiert. Steinke ging aber davon aus, dass Russland vor allem den eigenen Markt entwickeln wolle.
Sorge um Gesundheit
Nach Angaben des russischen EU-Botschafters
Wladimir Tschijow wurden die Einfuhrsperren allein aus Sorge um die
öffentliche Gesundheit verhängt. Die von den EU-Züchtern vorsorglich an
Hühner und Schweine verabreichten Antibiotika könnten Humanmediziner in
Russland vor Probleme stellen, da diese ihren Patienten dieselben Wirkstoffe
verordneten, erklärte er am Montag. Dieses Problem lasse sich leicht durch
einen Verzicht auf die Antibiotika lösen.
Bereits hinter dem mehr als einjährigen Streit um das russische Einfuhrverbot für Fleisch aus Polen hatten die Europäer vor allem eine politische Motivation Moskaus vermutet. So hatte Russland den Importstopp Ende vergangenen Jahres erst aufgehoben, nachdem Polen seinen Widerstand gegen ein Partnerschaftsabkommen zwischen Russland und der EU aufgegeben hatte. Die EU will die erneuten Handelshemmnisse beim EU-Russland-Gipfel in Sibirien ab Donnerstag "erwähnen". Nach dem Streit um die polnischen Fleischexporte solle das Thema aber nicht "dramatisiert" werden, hieß es dazu aus der Kommission.