Die EZB will die Zinsen nicht senken. Die Banken werden trotz Krise weiter liquid sein.
Wegen der Spannungen an den Geldmärkten haben die wichtigsten Zentralbanken der Welt die Geldmärkte am Mittwoch erneut mit Milliardensummen geflutet. Die Europäische Zentralbank (EZB) stellte den Banken im gemeinsamen Euro-Währungsgebiet 50 Mrd. US-Dollar (35,5 Mrd. Euro) für einen Tag bereit - am Vortag waren es noch 30 Mrd. Dollar gewesen. Zugleich versprach EZB-Präsident Jean-Claude Trichet den Banken weiterhin ausreichend Liquidität.
Keine rasche Zinssenkung
Mit Blick auf die Sitzung des EZB-Rates
am Donnerstag in Frankfurt zeigte Europas oberster Währungshüter trotz
vielfacher Forderungen keine Neigung zu einer raschen Zinssenkung. Trichet
betonte die Gefahr der nach wie vor hohen Inflation im Euro-Raum. Die
Teuerung spricht gegen eine Senkung der Zinsen. Die Zentralbank trenne klar
zwischen Geldpolitik und Operationen zur Versorgung der Banken mit
Liquidität, unterstrich der Präsident.
Frankreich verstärkte am Vortag der EZB-Entscheidung den Druck auf die EZB zur Senkung der Leitzinsen. Europa-Staatssekretär Jean-Pierre Jouyet sagte im Rundfunk, die Notenbank habe bereits mit 120 Mrd. Euro die Liquidität des Marktes gesichert. Sie müsse nun die Konsequenz aus der Krise ziehen. In Verbindung mit den nationalen Zentralbanken müsse die EZB zudem die Bankaufsicht verstärken.
Zentralbanken untersützen Geschäftsbanken
Auch in
Großbritannien, der Schweiz und Japan griffen die Zentralbanken den
Geschäftsbanken unter die Arme. Die britische Notenbank stellte 30 Mrd.
Dollar zur Verfügung. Die Schweizerische Nationalbank gab 10 Mrd. Dollar
zusätzliches Geld aus. Die japanische Zentralbank pumpte am elften
Handelstag in Folge 800 Mrd. Yen (5,35 Mrd. Euro) in den Geldmarkt, um
angesichts der Krise in den USA für Stabilität zu sorgen. Da es auf dem
europäischen Geldmarkt bereits einen Überschuss an Liquidität gab, entzog
die EZB dem Bankensektor am Donnerstag bis zu 200 Mrd. Euro an Liquidität.
Die Banken leihen sich untereinander wegen des mangelnden Vertrauens kaum noch Geld. Die Notenbanken wollen mit den Liquiditätsspritzen dem Austrocknen der Geldmärkte entgegenwirken. Geschäftsbanken können sich bei den Zentralbanken Gelder leihen, wenn sie sonst nicht günstiger an die Mittel kommen. Diese Summen werden über auktionsähnliche Verfahren vergeben.
Zusätzliche Hilfen
Seit Beginn der Kreditkrise vor mehr als
einem Jahr hatten die Notenbanken mehrfach zusätzliche Mittel zur Verfügung
gestellt. Davor war dies bei der EZB nur nach den Terror-Anschlägen vom 11.
September 2001 notwendig gewesen.
Angesichts der Vertrauenskrise an den internationalen Geldmärkten hatte die US-Notenbank zu Wochenbeginn das Volumen ihrer Währungsvereinbarung mit den weltweit wichtigsten Zentralbanken mehr als verdoppelt. Stellte die Federal Reserve (Fed) anderen Notenbanken wie der Europäischen Zentralbank (EZB) bisher insgesamt 290 Mrd. Dollar zur Verfügung, um diese in die jeweiligen Interbankenmärkte zu lenken, so liegt der Gesamtbetrag nun bei über einer halben Billion Dollar: 620 Mrd. Dollar können die Währungshüter jetzt den nationalen Banken zur Refinanzierung ihrer Geschäfte anbieten.