14. Jänner 2007 11:37
Eine Sprecherin bestätigte am Wochenende Zeitungsberichte der vergangenen
Tage, wonach sich die ÖBB schon für den Stoßverkehr in den
Weihnachtsfeiertagen für den Fernverkehr vereinzelt Waggons aus Rumänien,
Polen und Ungarn ausgeliehen haben und dies auch weiterhin praktizieren
würden.
Hauptsächlich würden Waggons aus Deutschland, der Schweiz und Italien
ausgeliehen. Auch dort gebe es aber einen Waggonengpass. Daher freue man
sich über jede Bahn, die den ÖBB in Stoßzeiten Wagenmaterial zur Verfügung
stelle, so die ÖBB-Sprecherin. Das nächste Mal wird das voraussichtlich in
den Semesterferien der Fall sein.
Die ausgeliehenen Waggons würden "unterschiedlichen Komfortklassen"
entsprechen. Generell seien aber auch jene aus Polen oder Rumänien mit dem
heimischen Standard vergleichbar. Hauptsache für den Reisenden sei in einer
solchen Situation außerdem, "dass er auf einer langen Fahrt nicht stehen
muss".
Zehn Millionen mehr Fahrgäste
Wie viele Waggons die ÖBB im
Jahr anmieten müssten, hänge von der Buchungslage ab. Pauschale Zahlen könne
man nicht nennen, so die Sprecherin. Seit 2005 ist die Zahl der Fahrgäste um
über 10 Millionen auf 440 Millionen gestiegen. Laut "Kronen Zeitung" müssen
die ÖBB-Fahrgäste auch auf längeren Strecken, wie etwa von Wien nach Graz,
auch immer öfter in unbequemen Pendler-Garnituren Platz nehmen. Die
"Salzburger Nachrichten" hatten vor kurzem berichtet, dass wegen Überfüllung
sogar Fahrgäste wieder gebeten worden sind, auszusteigen, und ÖBB-Kunden am
Wochenende immer öfter das Einsteigen in den Zug erkämpfen müssen.
Die ÖBB haben wegen des Waggon-Engpasses erst vor kurzem für 47,5 Mio. Euro
drei ICE-Garnituren von der Deutschen Bahn gekauft. Außerdem haben die ÖBB
bei Siemens für 250 Mio. Euro auch schon 23 neue Fernzüge bestellt, die
kommen aber erst ab Ende 2008. Für 40 weitere Railjets haben die ÖBB eine
Option. Sie könnten ab 2010 ausgeliefert werden.
Waggons nach Osteuropa verkauft
Bei Fahrgastvereinen sieht man
das Problem aber auch in der neuen Bahn-Struktur und im Management. "Vor der
ÖBB-Trennung waren Platzzüge üblich. Bei Überfüllung wurden Extrazüge
eingeschoben, in welche die Fahrgäste umsteigen konnten", erklärte
Pro-Bahn-Sprecher Peter Haibach in den "Salzburger Nachrichten". Außerdem
dürfe der Fahrdienstleiter ohne Auftraggeber nicht mehr tätig werden, da
dies Kosten verursache. Seit 2005, als das integrierte System in vierzehn
eigenverantwortliche Gesellschaften aufgeteilt wurde, sei "es dem
Fahrdienstleiter egal, weil er als Angestellter der Infrastruktur nicht mehr
für den Personenverkehr mitdenken darf - egal, wie voll die Züge sind", so
Haibach. Darüber hinaus, berichtete er, seien nach der Teilung Waggons nach
Osteuropa verkauft worden. Andere seien vorzeitig verschrottet worden. Aus
Sparsamkeit werde gleichzeitig weniger repariert, desolate Waggons seien
nicht einsatzfähig.
Bei den ÖBB weist man das zurück. Schon vor der Reform habe es einen
Waggon-Engpass gegeben. Immer wieder habe man auch in den Jahren davor auf
Waggons aus dem Ausland zurückgegriffen. Im Durchschnitt ist der Fuhrpark
derzeit 21 Jahre alt, über 500 Waggons haben mittlerweile über 30 Jahre auf
dem Buckel.