In der Schweiz hat der Mammutprozess gegen ehemalige Führungskräfte der bankrotten Schweizer Fluggesellschaft Swissair begonnen.
Insgesamt 19 Angeklagte müssen sich seit Dienstag früh in Bülach bei Zürich vor Gericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen Rechtsverstöße bei ihren Versuchen im Jahr 2001 vor, die Swissair Gruppe wieder flottzumachen.
11 Milliarden Euro Schulden
Zu dem Zeitpunkt hatte die
Mutterfirma von Swissair schon einen Schuldenberg von umgerechnet elf Mrd.
Euro angehäuft. Im Oktober 2001 machte das einstige Aushängeschild der
Schweizer Wirtschaft dann eine finanzielle Bruchlandung, als es nicht einmal
mehr die Kerosinrechnungen für seine Flugzeuge bezahlen konnte.
Wenig öffentliches Interesse
Die 19 früheren Mitglieder der
Geschäftsführung und der Aufsichtsgremien stehen nun vor Gericht, darunter
die früheren Vorstandschefs Philippe Bruggisser und Mario Corti. Zum Auftakt
des Prozesses kamen weit weniger Menschen als erwartet. Die Schweizer Justiz
hatte für den Prozess den Bülacher Gemeindesaal ausgewählt, weil erwartet
worden war, dass hunderte Ex-Mitarbeiter des Unternehmens und Anteilseigner
zu dem Prozess kommen würden. Allerdings waren Dienstag früh nur einige
wenige Interessierte im Saal.
Größtes Gerichtsverfahren
Der Prozess begann am Morgen
mit der Anhörung von Gerhard Fischer, am Nachmittag sollte die Anhörung des
Bankiers Benedict Hentsch folgen. Beide sind ehemalige Mitglieder des
Verwaltungsrats der SAirGroup, des ehemaligen Mutterhauses der Swissair. Der
auf zwei Monate angesetzte Prozess ist das größte Gerichtsverfahren, das
jemals in der Schweiz stattgefunden hat.
Swissair-Pleite schockte Schweizer
Der Untergang der Swissair im
Herbst 2001 hatte die Schweiz schockiert. Drastisch war dem Land der
Niedergang der einstigen Vorzeigefirma am 2. Oktober 2001 mit dem "Grounding"
vor Augen geführt worden, als sämtliche Swissair-Maschinen mangels
Zahlungsfähigkeit der Fluggesellschaft am Boden blieben.
Kapital und Arbeitsplätze vernichtet
Mit dem Untergang der
Swissair-Gruppe wurden auch Werte in Milliardenhöhe und Tausende von
Arbeitsplätzen vernichtet. Für die Weiterführung eines Flugbetriebs aus der
Schweiz brachten Staat und Wirtschaft in einer beispiellosen Aktion
gemeinsam gut 4,5 Mrd. Franken (2,79 Mrd. Euro) auf.
Vorarbeiten von viereinhalb Jahren
Die Zürcher
Staatsanwaltschaft hatte mit ihren Ermittlungen bereits vor dem Grounding
begonnen. Bis zur Einreichung der ersten Anklage im Frühling 2006 hatte der
Fall die Behörde bereits rund viereinhalb Jahre lang beschäftigt. Im Lauf
der Ermittlungen befragte die Staatsanwaltschaft rund 130 Personen und nahm
etwa 20 Hausdurchsuchungen vor. Insgesamt wurden 4.150 Aktenordner an das
Gericht in Bülach transportiert.
Angeklagte keine "Wirtschaftsbetrüger"
Bereits
bei der Anklageerhebung hatte die Staatsanwaltschaft allerdings betont, sie
erachte die Angeklagten nicht als eigentliche Wirtschaftsbetrüger. Die
Personen hätten den Untergang der Swissair verhindern wollen - wenn auch
nach Ansicht der Staatsanwaltschaft mit unlauteren Mitteln.