Die heimische Tourismusbranche kämpft mit rückläufigen Nächtigungszahlen. Trotzdem herrscht Mangel an Arbeitskräften - vor allem bei Köchen und Kellnern.
"Na dann kommen halt Sie zum Abwaschen, wenn Sie mir niemanden vermitteln können", bekommt Johannes Kopf, Vorstand des Arbeitsmarktservice Österreich (AMS), eigenen Angaben zufolge hin und wieder von genervten Hoteliers zu hören. Die Tourismusbranche meldet dem AMS rund 85.000 freie Stellen im Jahr - bei einem Beschäftigtenstand von rund 170.000, sagte Kopf beim Jahreskongress der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV) in Velden am Wörthersee.
Köche und Kellner gesucht
Besonders eklatanter Mangel
herrsche an Köchen und Kellnern. Der Bedarf an - vorwiegend jungen -
Mitarbeitern steigt, das Angebot sinkt.
Die Zahl der österreichischen Arbeitslosen, die im Dezember 2008 insgesamt um gut 8 Prozent angestiegen ist, sei ein Problem der großen Betriebe - etwa in der Automobilindustrie -, aber nicht des Tourismus. Selbst im Dezember nahm die Zahl der offenen Stellen hier laut Kopf noch zu.
Buchungsrückgang
Mittelfristig werde auch der Gästeansturm
auf Österreich noch weiter zunehmen. Für 2009 und 2010 erwartet das Institut
für Höhere Studien (IHS) noch eine Stagnation bei den Ankünften, das
Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) rechnet für heuer wie berichtet mit
einem Nächtigungsminus von 2 bis 2,5 Prozent. "2010 kann es für uns
dramatischer werden als 2009", meinte ÖHV-Präsident Sepp Schellhorn, denn
die Branche hinke der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung üblicherweise um
ein Jahr hinterher.
Geringe Verweildauer
Im Fremdenverkehr arbeiten überwiegend junge
Arbeitnehmer, die Verweildauer im Job ist gering. Nach zehn Jahren sei nur
noch weniger als ein Viertel im Tourismus tätig, berichtete der Leiter des
Instituts für Höhere Studien (IHS), Bernhard Felderer. Die Überalterung der
Gesellschaft sei ein großes Problem, das er auf die Tourismusbranche
zukommen sieht. Wenn die Arbeitnehmer älter werden und eine eigene Familie
gründen wollen, sinke naturgemäß die Mobilität.
Touristen werden immer älter
Nicht nur die im Durchschnitt
immer älter werdenden Arbeitnehmer, sondern auch die älter werdenden
Touristen seien ein Thema, mit dem sich die Hoteliers beschäftigen müssten,
ist auch Kopf überzeugt. Im Grunde sei der Tourismus aber eine sehr
glückliche Branche, denn die Wellness- und Gesundheitsentwicklung werde es
weiter geben, meint Unternehmensberater Othmar Hill.
Doch: "Die Mitarbeiter von morgen werden nicht der Franz von der Alm und die Mitzi aus dem Dorf sein, sondern der Mirko aus Belgrad und die Fatima aus Istanbul", formulierte er spitz. Auch die ÖHV-Präsidenten Schellhorn und Peter Peer sowie IHS-Chef Felderer sehen im Zuzug von Ausländern eine Möglichkeit zur Lösung des Arbeitskräftemangels im Inland.
"Nicht wen lassen wir herein, sondern wie laden wir ein?" lautet künftig die Aufgabenstellung betreffend Fachkräftezuwanderung aus Europa, betonte AMS-Direktor Kopf. Der Fremdenverkehr ist wichtig für die österreichische Wirtschaft. Immerhin generiert er 8,8 Prozent des BIP - die gesamte Freizeitwirtschaft wie Bergbahnen und Tennisclubs miteingerechnet sind es sogar 16 Prozent.
Im Kampf um die besten Köpfe rangiere laut Martin Poreder, Geschäftsführer der Karriereplattform kununu.com, die Arbeitgeberattraktivität ganz weit oben. Dazu zählten Lohnnebenleistungen, Arbeitszeiten, Betriebsklima oder Aufstiegsmöglichkeiten.
Hotel Ronacher als Beispiel
Als Positivbeispiel in der Branche
gilt etwa die Führung des Thermenhotels Ronacher, das 180 Mitarbeiter
beschäftigt und 45 Lehrlinge ausbildet. Ein Mitarbeiter sei nur für das
seelische Wohl der Jugendlichen zuständig, die Hotelleitung rege zum
Nachholen der Matura in der Freizeit an, stelle den Mitarbeitern den Genuss
des hauseigenen Spa-Bereichs ab 19.00 frei und biete dem Etagenpersonal
einmal wöchentlich ein Rückentraining an, berichtete Simone Ronacher, die
Sprecherin des ÖHV-Kärnten, von ihren Versuchen, Mitarbeiter langjährig an
das Unternehmen zu binden.