"Agieren selbst wie ein Start-up"

Erste-Bank-Chef Stefan Dörfler im Interview

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Erste-Bank-Chef Stefan Dörfler über Zinsen, Zukunft des Bankings und BItcoins.

ÖSTERREICH: Die Zinsen sind weiter auf Rekordtief – was sollen Sparer mit ihrem Geld machen?  
Stefan Dörfler: Das Zinstief hat ja zwei Seiten: Wer sich Geld von der Bank leiht, profitiert davon. Das gilt auch für die öffentliche Hand: Dass Österreich auf dem Weg zu einer Verschuldungsquote deutlich unter 80 % ist, ist zu einem guten Teil auf Zinsersparnis zurückzuführen. Aber für Sparer sind es natürlich magere Zeiten. Viele lassen jetzt höhere Beträge täglich verfügbar am Girokonto, weil ein Sparbuch auch nicht mehr bringt. Wir empfehlen verstärkt auch Veranlagung in Wertpapiere.  

Wirtschaft läuft gut, Menschen trauen sich wieder zu investieren

ÖSTERREICH: Die Österreicher waren bisher keine großen Aktienfreunde. Ändert sich das?
Dörfler: Wir haben heuer jedenfalls gute Zuwächse im Wertpapiergeschäft.    
ÖSTERREICH: Bei Krediten gibt es einen starken Anstieg?
Dörfler: Die Wirtschaft läuft gut, wir haben einen substanziellen Aufschwung. Angesichts dessen trauen sich die Menschen wieder zu investieren, etwa eine Wohnung zu kaufen. Die Nachfrage nach Wohnraumfinanzierungen ist stark gestiegen.     

Im 1. Quartal um 40 % mehr frische Kredite vergeben

ÖSTERREICH: Was zahlt man da derzeit für einen Kredit?
Dörfler: Das hängt vom konkreten Fall ab, im Schnitt ab 1,9 % für 10 Jahre fix. Wir raten zu Fixzins-Vereinbarungen – irgendwann werden die Zinsen wieder steigen und mit einem Fixzins-Kredit ist man über einen Großteil der Laufzeit abgesichert. Bei uns werden aktuell 80–85 % der Wohnraumkredite mit fixen Zinsen abgeschlossen.
ÖSTERREICH: Investieren auch Unternehmen wieder mehr?
Dörfler: Ja, und zwar deutlich – auch das ist der guten Wirtschaftslage geschuldet. Insgesamt, Firmen und Private zusammen, haben wir heuer allein im 1. Quartal um 40 % mehr frische Kredite vergeben.

Weit über 1 Million Kunden bei Online-Banking George

ÖSTERREICH: Kommen wir zum Umbruch in der Branche, Stichwort Digitalisierung. Sie sind mit Ihrem Online-Banking George stark in der Offensive.
Dörfler: Wir haben bei George nach zweieinhalb Jahren weit über 1 Mio. Kunden. Im November werden wir ganz auf George umstellen. Wir entwickeln unsere digitalen Services ständig weiter, auch die mobile Nutzung steigt extrem. Daher fokussieren wir auf Weiterentwicklungen im mobilen Bereich.   

Im Oktober zwei neue Flagship-Filialen der Ersten in Wien

ÖSTERREICH: Gleichzeitig läuft Ihre Filial-Offensive.
Dörfler: Genau. Was den Ausbau unserer Flagship-Standorte und kleineren Service-Filialen betrifft, haben wir jetzt zwei Drittel in Umsetzung. Im Oktober eröffnen wieder zwei Flagship-Filialen in Wien. Die Beratungszeiten für unsere Kunden haben wir massiv erhöht, allein schon durch längere Öffnung, und das wird sehr gut genutzt. Unsere Berater sind ausgebucht.

Banken müssen neue Wege gehen

ÖSTERREICH: Technikriesen wie Apple und Google drängen ins Bezahlgeschäft, Finanz-Start-ups mischen mit – wird es bald keine Banken mehr geben?
Dörfler: Bankdienstleistungen werden immer gebraucht. Die Banken selbst müssen neue Wege gehen, und wir als Erste Bank wollen die Zukunft des Bankings in führender Rolle mitgestalten. Wir agieren da selbst wie ein Start-up.

Bitcoins: "Spannendes Phänomen, aber hoch spekulativ"

ÖSTERREICH: Was sagen Sie zum Hype um Internet-Währungen wie Bitcoin?
Dörfler: Das ist ein spannendes Phänomen. Aber: Das sind keine echten Währungen, es ist kein offizielles Zahlungsmittel und hoch spekulativ. Theoretisch kann der Wert morgen null sein. Wir raten unseren Kunden von einem Investment in Bitcoins jedenfalls ab.

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