Prozess in Eisenstadt

Bruder angeschossen: 10 Monate unbedingt

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Der 54-Jährige wurde insgesamt zu 30 Monaten teilbedingter Haft verurteilt.

Weil er im März bei einem Streit im Südburgenland mit einer Pistole geschossen und dabei seinen Bruder hinter einer Glastüre verletzt haben soll, ist am Mittwoch ein 54-Jähriger in Eisenstadt zu 30 Monaten teilbedingter Haft verurteilt worden. Zehn Monate davon muss der Mann unter Einrechnung der Vorhaft absitzen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Jahrzehntelanger Streit

Zwischen den zwei Brüdern hatte es schon seit Jahrzehnten Streit gegeben. Der Vater habe seinen Hälfteanteil der Landwirtschaft vor seinem Tod auf den 61-jährigen Bruder übertragen. Die Mutter, die 2015 starb, überschrieb ihre Hälfte dem Angeklagten, womit die beiden Brüder durch die Miteigentumsverhältnisse "aneinandergekettet" gewesen seien, so Verteidiger Gerald Ruhri.

Sein Mandant habe wegen der Alkoholsucht des Vaters schon in jungen Jahren den landwirtschaftlichen Betrieb führen müssen. Der 61-jährige Bruder sei zudem wegen Alkoholproblemen zweimal unter Aufsicht eines Sachwalters gestellt worden. Nach der Beendigung dieser Maßnahme habe er begonnen, Geräte vom Bauernhof zu verkaufen, um seinen Lebensunterhalt und seine Alkoholsucht zu finanzieren, schilderte Ruhri. Der 61-Jährige sei auch wegen einer früheren Pfefferspray-Attacke auf den Angeklagten bereits einmal weggewiesen worden.

Fassung verloren

Am 25. März dieses Jahres kam es am Bauernhof im Bezirk Jennersdorf wieder zu einem Streit der beiden Brüder. Während der 61-Jährige vor Gericht angab, dass ihn sein jüngerer Bruder schon beim Eintreffen beschimpft habe, sagte der 54-Jährige aus, der andere habe ihn bereits beim Eingang mit Pfefferspray besprüht.

Als der Bruder ihn aus der Küche heraus nochmals angespritzt und die Küchentür wieder geschlossen habe, habe er eine Pistole gezogen, die er eigentlich zurückbringen wollte und "aus der Hüfte" einen Schuss abgegeben. "Mein Mandant bestreitet nicht, dass er durch diese Scheibe geschossen hat", sagte Ruhri. Aber der 54-Jährige habe nicht gezielt geschossen.

"Ich habe einfach die Fassung verloren. Mir war das einfach zu viel. Es war eine Gemeinheit, mich mit Pfefferspray anzuballern", beschrieb der Angeklagte seine Gefühlslage. "Ich möchte mich dafür entschuldigen, dass ich ihn verletzt habe", sagte der 54-Jährige.

"Großes Glück"

Während Staatsanwalt Heinz Prinke eine Verurteilung des mutmaßlichen Schützen im Sinne der Anklage forderte, die auf versuchten Mord lautete, sah Verteidiger Gerald Ruhri nicht den Versuch eines Tötungsdelikts erfüllt, sondern schwere Körperverletzung.

Der 61-Jährige habe "großes Glück" gehabt, so Prinke. Die Kugel durchschlug zuerst die Scheibe und einen Vorhang, dann den linken Unterarm des Mannes, bis sie schließlich im Bauch stecken blieb. Die Bauchhöhle sei dabei nicht eröffnet worden, weshalb die Verletzung dem Grade nach nicht als schwer zu bezeichnen sei, erläuterte der medizinische Gutachter.

Aus einem Meter Entfernung auf einen Menschen zu schießen, bedeute in der Regel, dass damit Lebensgefahr verbunden sei, gab Prinke in seinem Schlussplädoyer zu bedenken: "Man kann davon ausgehen, dass es einfach glückliche Umstände waren, dass das Opfer noch unter uns weilt." Dessen ungeachtet, habe man in dem 54-Jährigen "keinen kaltblütigen Mörder" vor sich, stellte der Staatsanwalt fest.

Kein Tötungsvorsatz

Entscheidend sei die Frage nach einem Vorsatz, argumentierte der Verteidiger. Schon wegen der kurzen Zeitspanne von wenigen Sekunden, in denen sich die Tat ereignete, sei es dem 54-Jährigen unmöglich gewesen, einen so weitreichenden Handlungsentschluss zu fassen, der einen Tötungsvorsatz beinhalte. Am ehesten sei eine schwere Körperverletzung als Delikt in Betracht zu ziehen.

Die Geschworenen folgten seiner Argumentation und bejahten das Vorliegen einer schweren Körperverletzung mit 7:1 Stimmen. Versuchte vorsätzliche Tötung und versuchter Totschlag hingegen wurden mit jeweils 8:0 Stimmen verworfen. Eindeutig bejaht wurde vom Senat die Frage nach unerlaubtem Waffenbesitz.

Der 54-Jährige nahm das Urteil an, der Staatsanwalt gab keine Erklärung ab. Der Verurteilte muss, da die Zeit in Untersuchungshaft auf die Strafe angerechnet wird, nun noch insgesamt vier Monate absitzen.

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