Aufstand gegen Türkei-Deal

Asyl: EU wendet sich von Merkel ab

Teilen

EU berät bis 17. März über freche Forderungen der Türkei. Balkanroute ist bereits dicht.

Ungarns Premier Orbán droht mit Veto. Kanzler Faymann will keinen „Abtausch“ mit der Türkei, wo Menschenrechte negiert würden. Frankreich und Schweden rebellieren gegen einen Deal mit Ankara. Und selbst Deutschlands Kanzlerin Merkel, Motor hinter dem versuchten Pakt mit dem türkischen Premier Davutoglu, scheint Zweifel zu haben.

Die Forderungen, die Davutoglu im Namen seines Präsidenten Erdogan beim EU-Gipfel am Montag in Brüssel auf den Tisch gelegt hat, lösten einen Aufstand in der EU aus.

Türkei nimmt Flüchtlinge zurück – und dann?
Beim nächsten EU-Gipfel am 17. März will Merkel einen Durchbruch mit Ankara schaffen und die Asylkrise lösen. Verlockend in EU-Ohren klingt, dass die Türkei bereit wäre, alle Flüchtlinge, die von ihrer Küste aus Griechenland erreichen, zurückzunehmen. Doch dafür verlangt Ankara, dass für jeden illegal eingereisten Syrer, den sie zurücknehmen, die EU Syrer aus türkischen Flüchtlingslagern aufnimmt.

Der Haken: Orbán und die Visegrád-Länder wollen keine Aufteilung von Flüchtlingen in der EU. Und Deutschlands Justizminister Heiko Maas sagt: „Wir werden uns von der Türkei nicht erpressen lassen.“

Besonders heikel: Die Türkei fordert für die Rücknahme von Flüchtlingen die Aufhebung der Visapflicht für türkische Bürger und die Vertiefung von EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei.

Kurz: Ende des Weiterwinkens beschlossen
Unterdessen läuft die Zeit davon: Um Mitternacht machte Slowenien die Grenze zu Kroatien dicht. Jetzt kommt kein Migrant mehr auf der Balkanroute durch. Außenminister Kurz in der ZiB2: Das sei keine Überraschung, „der EU-Gipfel hat de facto das Ende des Weiterwinkens beschlossen“.

Isabelle Daniel

Faymann: „Werden nicht schweigen“

ÖSTERREICH: Was hat dieser EU-Gipfel gebracht?

Werner Faymann: Die EU-Länder haben sich dazu bekannt, das Durchwinken und die ungeordneten Einreisen zu beenden. Wir wollen alle Schlepperrouten, auch die Westbalkanroute, geschlossen halten. Außerdem haben wir die Grundlage für eine mögliche Vereinbarung mit der Türkei gelegt.

ÖSTERREICH: Aber Sie und Frau Merkel sehen die Asylpolitik weiterhin völlig unterschiedlich.

Faymann: Unser Aufschrei, unser Weckruf war richtig. Damit haben wir ein Pro­blembewusstsein geschaffen. Jetzt hat auch die deutsche Kanzlerin gesagt, dass man das Durchwinken beenden müsse. Im Unterschied zum griechischen Premier Tsipras, der geglaubt hat, dass es mit dem Durchwinken jahrelang so weitergeht.

ÖSTERREICH: Und dafür lässt sich die EU von Erdogan erpressen und negiert Angriffe auf Kurden und Pressefreiheit?

Faymann: Nein! Einige Regierungschefs, auch ich, haben beim Gipfel klargemacht, dass es keinen Abtausch – die Türkei nimmt Flüchtlinge zurück, dafür schauen wir bei Menschenrechtsverletzungen weg – geben darf. Wenn die Türkei Flüchtlinge zurücknimmt, wäre das ein richtiger Schritt. Es wird jetzt weiterverhandelt.

Interview: Isabelle Daniel

Video zum Thema: Merkel verteidigt EU-Gipfel Zwischenergebnis
Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.