"Gefährliche Abhängigkeit"

Kurz warnt vor Flüchtlings-Deal mit der Türkei

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Europa würde sich dadurch in eine "gefährliche Abhängigkeit" begeben, so der Minister.

Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) warnt davor sich in der Flüchtlingsfrage auf einen Deal mit der Türkei zu verlassen. Wenn man das tue, begebe man sich "in eine gefährliche Abhängigkeit", so Kurz im Ö1-Morgenjournal. Er räumte ein, dass der Deal zusammen mit der Schließung der Westbalkan-Route "für einen gewissen Rückgang der Flüchtlingszahlen" gesorgt habe.

Grenzen selber schützen
Allerdings könne es "jederzeit passieren, dass die Türkei die Lust auf eine Kooperation verliert", so Kurz im Morgenjournal. Gegenüber dem deutschen Magazin "Spiegel" bezeichnete Kurz den EU-Türkei-Flüchtlingspakt als "Plan B". Der "Plan A" müsse "ein starkes Europa sein, das bereit ist, seine Außengrenzen selbst zu schützen". Die Grundwerte Europas seien "nicht verhandelbar." Kurz forderte den "gemeinschaftlichen Schutz der Außengrenzen" und humanitäre Hilfe an Ort und Stelle. Europa und nicht die Schlepper sollten "entscheiden, wen wir aufnehmen. Wer illegal einreisen will, hat seine Chance verwirkt."

Staaten wie Deutschland und Österreich könnten die Ärmsten aufnehmen, so Kurz im "Spiegel". Doch: "Wir müssen nicht jemandem, der in Lesbos ankommt, gleich einräumen, dass er eine Wohnung in Berlin beziehen kann." Er spreche als Integrationsminister mit vielen Flüchtlingen, sagte Kurz. "Wenn ich frage, ob sie auch gekommen wären mit der Aussicht, in Griechenland oder Polen zu leben, antworten die meisten Nein."

Der deutsche Justizminister Heiko Maas (SPD) hat unterdessen im Umgang mit der türkischen Führung bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise für eine konsequente Haltung plädiert. Bei der angestrebten Visafreiheit für Türken in der EU werde Präsident Recep Tayyip Erdogan an seinen Taten gemessen, sagte Maas der "Neuen Osnabrücker Zeitung" vom Samstag.

Visafreiheit
"Die Türkei muss liefern, denn es gibt klare Voraussetzungen für die Visafreiheit, die bisher nicht erfüllt sind." "Wir werden uns nicht erpressen lassen", sagte Maas vor dem Hintergrund des zwischen der EU und der Türkei ausgehandelten Abkommens zur Flüchtlingsrücknahme. Zudem sei anzunehmen, dass sich Schutzsuchende Ausweichrouten suchen werden, um nach Europa zu gelangen. "Wir müssen uns vorbereiten mit einer verantwortungsvollen Politik", sagte Maas dazu. "Dabei sollten wir uns nicht allein auf das Abkommen mit der Türkei verlassen."

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im deutschen Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, forderte hingegen ein neues Flüchtlingsabkommen mit der Türkei. Die EU müsse bereit sein, weit mehr als die zuletzt versprochenen 72.000 Syrer aus der Türkei nach Europa zu holen, verlangte sie im "Tagesspiegel am Sonntag".

Um die Flüchtlingswelle aus Nordafrika zu stoppen, drängt Italien die EU zu einem raschen Abkommen mit Libyen und afrikanischen Ländern. "Wir müssen Flüchtlingslager in Afrika einrichten und ein Abkommen mit Libyen abschließen, weil es jetzt eine Regierung gibt, die die Flüchtlingsabfahrten einschränken kann", sagte Innenminister Angelino Alfano.

Auf der Flüchtlingsroute zwischen Libyen und Italien sind diese Woche 14.000 Menschen gerettet worden. 45 Leichen wurden geborgen. Nach insgesamt drei Schiffstragödien in dieser Woche werden Dutzende Menschen vermisst. Dutzende Schiffe unter der Leitung der italienischen Marine waren im Einsatz, um die Migranten zu retten. Allein am Freitag kam es zu 17 Rettungseinsätzen, bei denen 2.000 Menschen in Sicherheit gebracht wurden, teilte die italienische Marine mit.
 

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