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Mit Faymann auf EU-Tour

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Hinter den Kulissen der EU-Entscheidung.

Es war die EU-Woche des Werner Faymann. Jeden Tag Handy-Telefonate, bis die Ohren glühten. Mit Spaniens Premier José Luis Zapatero, Großbritanniens Gordon Brown, dazwischen mit dem Chef der EU-Sozialdemokraten Anders Fogh Rasmussen. Trotzdem: Als Faymann Donnerstag um 13.30 Uhr nach Brüssel abhob, wusste er nicht, wie die neue EU-Spitze aussehen wird.

Mit Hartnäckigkeit und einer Prise Wiener Schmäh überzeugte er den widerspenstigen Briten-Premier. Dann ging alles schnell.

Jener Werner Faymann, der 2008 durch einen EU-Leserbrief für Verwunderung gesorgt hatte – plötzlich ist er in ebendieser EU eine große Nummer. In der österreichischen Botschaft in Brüssel fand die entscheidende Sitzung statt, wurde Faymanns Favoritin, Catherine Ashton, zur Außenministerin designiert. Beim EU-Abendessen danach saß Faymann zwischen Deutschlands Angela Merkel und Brown, aß Polenta mit Champignons. Plötzlich haben wir einen EU-Kanzler.

ÖSTERREICH: War es nicht ein Fehler, so eine farblose EU-Spitze zu wählen?
Werner Faymann: Auch Angela Merkel wurde lange Zeit unterschätzt. Es ist besser, wenn jemand nicht so bekannt ist und dann positiv überrascht als umgekehrt.

ÖSTERREICH: Sie waren für Ashton als Außenministerin. Wie haben Sie sie erlebt?
Faymann: Sie ist sehr energiegeladen und konsequent. Sie ist – so wie auch der neue Ratspräsident Rompuy – jemand, der den Ausgleich sucht. Ich habe große Hoffnungen, dass dieses Team gut arbeitet. Nachdem wir das Team zusammengesetzt haben, müssen wir uns jetzt den Inhalten widmen. Es kann nicht sein, dass die Aktienkurse wieder steigen, aber die Arbeitslosigkeit nicht sinkt. Wir brauchen eine funktionierende Finanzmarktkontrolle. Denn eine zweite Krise würde Europa nicht verkraften.

ÖSTERREICH: Mit welchen EU-Regierungschefs vertragen Sie sich besonders gut?
Faymann: Mit Juncker, mit Angela Merkel, Gordon Brown und Zapatero habe ich ein besonders gutes Verhältnis. Gerade mit dem britischen Premier Brown habe ich in letzter Zeit sehr viel telefoniert. Wir haben ein Vertrauensverhältnis aufgebaut. Brown hat sein Land gut vertreten, aber er ist auch ein überzeugter Europäer.

ÖSTERREICH: Sind Sie denn neuerdings ein ‚überzeugter Europäer‘?
Faymann: Nur, weil ich finde, dass man Dinge in der EU auch verändern muss, heißt das nicht, dass ich kein überzeugter Europäer bin. Im Gegenteil: Ich möchte aber, dass die EU nicht nur ein Friedensprojekt ist, sondern auch für sozialen Ausgleich sorgt. Da gibt es noch Defizite. Jeder Mensch muss gleich viel wert sein.

ÖSTERREICH: FP-Chef Strache kritisiert, dass der designierte EU-Kommissar Hahn nur ein ‚Micky-Maus-Ressort‘ erhalten würde ...
Faymann: Ich habe gesagt, dass wir ein Zukunftsressort wollen. Forschung oder Umwelt sind beides wichtige Ressorts. Strache übt sich nur in Polemik. So beliebt wie Micky Maus muss Strache erst einmal werden. Micky Maus kann einem leidtun, dass sie jetzt in Reden von Strache herhalten muss. Arme Maus.

ÖSTERREICH: Der Ratspräsident hat eine höhere Gage als der US-Präsident. Ist das nicht übertrieben?
Faymann: Der Vergleich hinkt. Der US-Präsident kriegt alle seine Ausgaben ersetzt – bis hin zum Urlaub.

ÖSTERREICH: Kommende Woche findet der Uni-Dialog statt. Wie wichtig ist Ihnen das Thema Bildung?
Faymann: Wie John F. Kennedy schon sagte: Bildung entscheidet über die Zukunft unseres Landes. Wir brauchen von der Neuen Mittelschule, über Ganztagsschulen und gute Universitäten die beste Bildung für unsere Kinder.

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