Terror in Norwegen

Breivik telefonierte mit der Polizei

Teilen

Der Attentäter wollte die genaue Zahl der Opfer wissen.

Der norwegische Attentäter hat sich nach dem Massaker auf der Insel Utöya telefonisch bei der Polizei ergeben. Die Osloer Zeitung "VG" berichtete am Mittwoch unter Berufung auf Polizeikreise, dass der Islamfeind Anders Behring Breivik unmittelbar vor seiner Festnahme von seinem Handy den Polizeinotruf 112 anrief und sagte: "Breivik. Kommandant. Organisiert in der antikommunistischen Widerstandsbewegung gegen die Islamisierung. Operation ausgeführt, und will sich Delta ergeben."

Danach legte der 32-Jährige nach den Medienangaben auf und wurde eine Minute später von Angehörigen der Polizei-Eliteeinheit Delta festgenommen. Demnach dauerte der Anruf nur drei Sekunden. Versuche der Polizei, den Anrufer wieder ans Telefon zu bekommen, seien fehlgeschlagen.

Der Osloer Polizeisprecher Henning Holtaas bestätigte, dass es einen Anruf von Behring Breiviks Handy gab. Es könne aber noch nicht bestätigt werden, dass er tatsächlich selbst gesprochen habe. Den Bericht von "Verdens Gang", wonach das Handy bisher nicht gefunden wurde, wollte Holtaas ebenso wenig kommentieren wie den angeblichen Inhalt des Gesprächs.

Verhör
Der 32-jährige wurde Mittwoch zum dritten Mal nach seiner Festnahme im Osloer Polizeihauptquartier verhört. Man werde den geständigen Attentäter detaillierter und "konfrontativer" über sein Vorgehen bei den beiden Anschlägen am 22. Juli befragen als bisher, hatte ein Polizeisprecher vorher angekündigt.

Trauer-Blumen weggeräumt
In norwegischen Städten und Dörfern wurden am Mittwoch weitere Opfer der beiden Anschläge beigesetzt. Am Mittwoch räumten Stadtangestellte das entstandene Blumenmeer vor dem Osloer Dom und an zahlreichen anderen Plätzen der Innenstadt. Die zahllosen Trauergrüße aus der Bevölkerung und auch von Kindern zum Zeichen der Verbundenheit mit den Terroropfern hinterlassene Stofftiere werden ebenfalls eingesammelt. Norwegens Landesarchiv will alle Briefe und Gegenstände aufbewahren und möglicherweise später auch ausstellen.

Behring Breivik, der sich selbst als "Kreuzritter" im Kampf gegen Islamisierung, Multikulturalismus und Kulturmarxismus versteht, hat gestanden, am 22. Juli auf der Insel Utöya nahe der norwegischen Hauptstadt 69 überwiegend jugendliche Teilnehmer eines Sommerlagers der regierenden Arbeiterpartei erschossen zu haben. Er bekannte sich auch zu dem Bombenanschlag im Osloer Regierungsviertel, bei dem rund eineinhalb Stunden vor dem Massaker auf Utöya acht Menschen getötet worden waren.

Politikerin entschuldigt sich
Die Chefin der rechtspopulistischen "Fortschrittspartei", Siv Jensen, bereute angesichts der Anschläge "einzelne Ausdrücke", die sie im Wahlkampf vor zwei Jahren gemacht hatte. Jensen spezifizierte nicht, welche Ausdrücke sie damit meint. Der meistzitierte Sager Jensens von damals war jener von der Gefahr einer "schleichenden Islamisierung" Norwegens. Jensen wurde für ihre reumütigen Aussagen postwendend von aus dem Nachbarland Dänemark kritisiert. Die Chefin der einwanderungsfeindlichen "Dänischen Volkspartei", Pia Kjaersgaard, nannte Jensens Reue in einem Interview mit der Tageszeitung "Politiken" "schrecklich" und eine "ganz, ganz falsche Entscheidung".

   Unterdessen wurde bekannt, dass Breivik sein sogenanntes Manifest kurz vor den Anschlägen auch an "zwei bis drei Österreicher" verschickt hat. Das berichtete die ORF-Sendung "Report" am Dienstagabend. Unter den Adressaten sei ein "Rechtsextremist, der schon öfters als Fußballrowdy mit einschlägigen Transparenten aufgefallen ist", hieß es. Breivik beruft sich in seiner kurz vor der Tat veröffentlichten Schrift auf die "Wiener Denkschule", auf die seine anti-islamische Einstellung gründen soll. Die "Denkschule" bezieht ihren Namen auf die zweite Wiener Türkenbelagerung 1683, bei der die Muslime zuletzt aus Europa zurückgeschlagen worden seien. Er lobte FPÖ und BZÖ als Anti-Einwanderungsparteien und bedankt sich bei seinen "Brüdern und Schwestern" in Österreich.
 

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.