"Botschaft der Einheit"

Scholz, Draghi und Macron in Kiew angekommen

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EU-Spitzenpolitiker wollen "Botschaft der Einheit" überbringen 

Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz, der französische Präsident Emmanuel Macron und der italienische Premierminister Mario Draghi sind am Donnerstag mit einem Sonderzug in der ukrainischen Hauptstadt Kiew eingetroffen. Dort wollen sie mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj über weitere Unterstützung für das von Russland angegriffene Land sprechen und über den Wunsch der Ukraine, der Europäischen Union beizutreten.

Scholz, Draghi und Macron in Kiew angekommen
© AFP
× Scholz, Draghi und Macron in Kiew angekommen

Wenig später teilte auch Rumäniens Staatspräsident Klaus Iohannis mit, dass er in Kiew eingetroffen sei. Auch er wolle Selenskyj treffen und ihm sowie dem ukrainischen Volk seine Solidarität bekunden. "Diese illegale russische Aggression muss enden", twitterte Iohannis.

Volle Unterstützung

Auch Scholz sicherte der Ukraine im Vorfeld die weitere volle Unterstützung in ihrem Kampf gegen Russlands Angriff zu. "Es ist wichtig, wenn jetzt die Regierungschefs der drei großen Länder, die schon bei der Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft dabei waren, nach Kiew fahren und in dieser ganz besonderen Situation des Krieges ihre Unterstützung für die Ukraine und die Bürgerinnen und Bürger der Ukraine zeigen", so der SPD-Politiker am Donnerstag.

"Wir wollen aber nicht nur Solidarität demonstrieren, sondern auch versichern, dass die Hilfe, die wir organisieren, finanziell, humanitär, aber auch wenn es um Waffen geht, fortgesetzt werden wird", ergänzte Scholz. Man werde die Unterstützung so lange fortsetzen, "wie das nötig ist für den Unabhängigkeitskampf der Ukraine". Gleichzeitig werde man noch einmal klarstellen, dass die verhängten Sanktionen gegen Russland von großer Bedeutung seien. "Denn sie tragen dazu bei, dass die Chance besteht, dass Russland sein Vorhaben aufgibt und seine Truppen wieder zurückzieht. Denn das ist ja das Ziel", unterstrich Scholz.

Europäische Solidarität

Frankreichs Präsident Macron sagte nach seiner Ankunft in Kiew ebenfalls, dass er Selenskyj später bei ihrem Treffen versichern werde, dass es eine europäische Solidarität mit der Ukraine gebe. Nach Angaben der ukrainischen Nachrichtenagentur Ukrinform wollen die drei Politiker später auch das kriegsgebeutelte Irpin besuchen. Wie die italienische Nachrichtenagentur ANSA meldete, nutzten die drei Spitzenpolitiker ihre Zugreise in der Nacht auf Donnerstag zu einem etwa zweistündigen Gipfelgespräch.

Scholz, Draghi und Macron in Kiew angekommen
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Kurz nach der Ankunft von Scholz in Kiew wurde Luftalarm ausgelöst, der aber nach rund einer halben Stunde wieder aufgehoben wurde. Das bestätigte ein Reporter der Deutschen Presse-Agentur vor Ort. Auch in zahlreichen weiteren Landesteilen gab es Luftalarm.

Klitschko erfreut

Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko zeigte sich erfreut über den Besuch von Scholz. "Ich bin als Bürgermeister glücklich und stolz, dass der deutsche Bundeskanzler zusammen mit dem französischen Staatspräsidenten und dem italienischen Regierungschef unsere Stadt besucht", sagte Klitschko der "Bild". "Das ist ein Zeichen großer Unterstützung in einer Zeit, in der es immer noch ein Risiko ist, Kiew zu besuchen, denn es können weiter jederzeit Raketen einschlagen."

Auch die frühere ukrainische Ministerpräsidentin Julia Timoschenko begrüßte die Kiew-Reise von Scholz und dessen Kollegen. In einem Interview des italienischen TV-Senders RaiNews24 zeigte sich die Politikerin am Donnerstag überzeugt, dass der Besuch der drei Staats- und Regierungschefs zu einer noch stärkeren Unterstützung des von Russland angegriffenen Landes beitragen werde. "Ich glaube, dass die drei Spitzenpolitiker (...) nach ihrer Reise oder schon währenddessen noch überzeugter werden, an der Seite der Ukraine zu bleiben", sagte sie.

Zahlreiche Besuche

Zahlreiche EU-Spitzenpolitiker, darunter Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), haben das von Russland überfallene Land bereits besucht. Der deutsche Kanzler war innenpolitisch massiv unter Druck gestanden, in die Ukraine zu reisen. Er hatte jedoch betont, dass es ihm um Inhalte gehe.

Die Reise findet einen Tag vor der erwarteten Empfehlung der EU-Kommission zum Beitrittsantrag der Ukraine statt. Es wird erwartet, dass die Brüsseler Behörde vorschlagen wird, der Ukraine den Status eines EU-Beitrittskandidaten zu geben. Kommende Woche findet in Brüssel ein EU-Gipfel statt, bei dem darüber befunden werden soll.

Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, bezeichnete den Besuch von Scholz als "wichtiges Signal". Es sollte "ein neues Kapitel deutscher Unterstützung für die Ukraine aufschlagen", sagte Melnyk am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. "Die Ukrainer hoffen, dass der Bundeskanzler nicht mit leeren Händen kommt, sondern ein solides Paket militärischer Hilfen in seinem Reisekoffer mitbringt".

Waffenlieferungen

Es gehe darum, dass Deutschland zügig weitere schwere Waffen liefere, vor allem Artilleriegeschütze wie die Panzerhaubitze 2000 sowie Mehrfachraketenwerfer Mars II. "Man erwartet auch, dass der Kanzler im Anschluss an seine Zusage für die erste Einheit von Iris-T weitere moderne Luftabwehrsysteme zusichert, um die Zivilbevölkerung vor russischem Raketenbeschuss zu schützen." Melnyk bezeichnete den Besuch auch als guten Anlass, "die Blockade für Leopard-1-Kampfpanzer und Marder-Schützenpanzer aufzuheben, um die Verteidigungsfähigkeit der Ukraine gegen die groß angelegte Offensive Putins zum Ersticken zu bringen".

Die deutsche Verteidigungsministerin Christine Lambrecht sagte am Donnerstag im ZDF-"Morgenmagazin", dass die schweren Artilleriegeschütze aus Deutschland demnächst in die Ukraine gebracht werden könnten. "Die Ausbildung ist fast abgeschlossen. Und jetzt können die ukrainischen Soldaten, die daran ausgebildet wurden, mit den Panzer-Haubitzen dann auch in die Ukraine verlegt werden", so die SPD-Politikerin. Auch die zugesagte Lieferung ausgemusterter Flugabwehrpanzer vom Typ Gepard steht ihr zufolge bald bevor.

Sie verwies ferner auf die Zusage, der Ukraine gemeinsam mit den USA und Großbritannien Mehrfachraketenwerfer zu liefern. "Deutschland wird sich daran beteiligen mit drei solcher Systeme", sagte Lambrecht. Darüber hinaus sei der Ringtausch mit NATO-Partner "auf einem sehr guten Weg".
 

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