Einsparungen von 300 Mio. Euro bis 2026

ORF-Sparplan: Was künftig gestrichen wird

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ORF-Chef Roland Weißmann hat am Montag im Rahmen eines Sonderfinanzausschusses den Stiftungsräten seine - auch von der Politik eingeforderten - Sparpläne für das öffentlich-rechtliche Medienhaus präsentiert.

Bis 2026 sollen rund 300 Millionen Euro eingespart werden. Dem ORF Radio-Symphonieorchester (RSO) droht das Aus. Der Sport-Spartenkanal ORF Sport + migriert zu ORF 1 und ins Digitale. Die ORF-Gebührentochter GIS wird deutlich verkleinert.

"Der ORF hat in der Vergangenheit immer wieder gespart", betonte Weißmann bei einem Pressegespräch im Anschluss an die Sitzung. Nun werde erneut auf ein "Maßnahmenbündel" gesetzt, das bei Personal-als auch Sachkosten ansetze. Dabei stehe man noch am Anfang eines Budgetprozesses, betonte er.

Budgetmittel für ORF Sport + werden nun "transferiert"

Die Budgetmittel für ORF Sport + werden nun "transferiert", so Weißmann. "Wir werden dem Breitensport noch größeren Stellenwert geben, da wir ihn im Wesentlichen nach ORF 1 verlagern." Amerikanische Serien werden im Gegenzug zurückgefahren. Der lineare Kanal wird mittelfristig eingestellt und als Digital-Angebot fortgeführt, was durch eine von Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) zugesagte Digitalnovelle ermöglicht werden solle.

ORF Sport + ist laut ORF-Gesetz nur "nach Maßgabe der wirtschaftlichen Tragbarkeit" zu betreiben. Auf dem Spartensender bekommen Sportarten und -bewerbe Sendezeit, denen in der österreichischen Berichterstattung üblicherweise sonst kein breiter Raum zukommt. Premium-Sportbewerbe dürfen dort nicht ausgestrahlt werden. Die Aufwendungen für den Sender dürften sich pro Jahr im hohen einstelligen Millionenbereich befinden. Die durchschnittliche Tagesreichweite lag 2022 bei 236.000 Personen.

Auch der Info- und Kulturspartensender ORF III ist nur "nach Maßgabe der wirtschaftlichen Tragbarkeit" im ORF-Gesetz vorgesehen, bleibt aber von Einsparungen verschont, wie Weißmann bestätigte. Seine durchschnittliche Tagesreichweite war im Vorjahr mit 882.000 Seherinnen und Sehern weit höher als jener von ORF Sport +.

Für das RSO wird es eng

Für das ORF Radio-Symphonieorchester (RSO) mit seinen Dutzenden Musikerinnen und Musikern wird es eng. Das renommierte Orchester befindet sich auf der Liste mit Einsparungen. Die künstlerische Leiterin des RSO, Angelika Möser, betonte jedoch gegenüber der APA, dass noch keine Entscheidung gefallen sei und sie um den Fortbestand bis zum 23. März, der Zusammenkunft des ORF-Stiftungsrats, kämpfen wolle.

"Das RSO ist ein wesentlicher Faktor, ein wirklich tolles Orchester. Wir werden jede Maßnahme unterstützen, damit es in Zukunft weitergeführt werden kann", so Weißmann. Es sei aber klar, dass der ORF es mit Stand heute nicht finanzieren könne.

Im ORF-Gesetz ist der Fortbestand des RSO nur bis 2013 gesichert und damit seit einem Jahrzehnt ausgelaufen. Wiederholt stand es zur Disposition. ORF-Chef Weißmann bezeichnete das Orchester im August 2021 noch als Produzent "zeitgenössischer Musik auf Weltniveau". Es schaffe Identität und solle erhalten bleiben, meinte er als damaliger Kandidat für den ORF-Generaldirektorenposten in einem ORF-internen Hearing. Der jährliche Aufwand für den Klangkörper dürfte ebenfalls im hohen einstelligen Millionenbereich liegen.

Flimmit und fidelio migrieren

Die Video-on-Demand-Plattform Flimmit und das Klassikportal fidelio sind kein Teil des öffentlich-rechtlichen Kernauftrags. In dieser Form werden sie eingestellt, so der ORF-Chef. Deren Inhalte werden nach einer Digitalnovelle aber auf den künftigen Plattformen des ORF angeboten.

Die Einsparungen beim ORF sind nicht nur aufgrund gestiegener Kosten nötig. So pochte auch Medienministerin Raab wiederholt auf einen "harten Sparkurs" für den ORF, damit dieser für die Bevölkerung billiger werde und knüpfte die Forderung an Verhandlungen mit den Grünen über eine geräteunabhängige Haushaltsabgabe, die die gegenwärtige GIS-Gebühr für Fernseher und Radio ablösen soll.

Neuregelung der ORF-Finanzierung

Die Neuregelung der ORF-Finanzierung muss bis 2024 auf Basis eines Verfassungsgerichtshoferkenntnisses (VfGH) erfolgen. Auch die reine Streaming-Nutzung von ORF-Angeboten hat demnach künftig kostenpflichtig zu sein. Damit kommen über 100.000 Haushalte hinzu, die künftig zahlen müssen. Eine konkrete Zahl wollte Weißmann nicht nennen. Details zur Haushaltsabgabe stehen noch aus. Die türkis-grüne Koalition müsse sich diesbezüglich noch verständigen, so der ORF-Generaldirektor.

Mit einer Umstellung von gerätegebundener Gebühr hin zu geräteunabhängiger Haushaltsabgabe fallen die Kontrollbesuche von GIS-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeitern der ORF-Gebührentochter weg. Damit sinkt wohl der finanzielle Aufwand. Das ORF-Tochterunternehmen werde es in der gegenwärtigen Größe nicht mehr geben, so Weißmann. Sie werde "deutlich redimensioniert". Denkbar sei, dass die Haushaltsabgabe vom gleichen Unternehmen eingehoben oder eine neue Gesellschaft gegründet werde, die auf Expertinnen und Experten der GIS setze, sagte Weißmann. Auch die gegenwärtige mit dem ORF-Programmentgelt eingehobene Länderabgabe könnte weiterhin von der derzeitigen ORF-Gebührentochter eingehoben werden. Ob es auch so sein wird, liegt beim Gesetzgeber.

Zach sprach von einem "wichtigen Meilenstein"

Thomas Zach, Leiter des ÖVP-"Freundeskreises" im ORF-Stiftungsrat und Vorsitzender des Finanzausschusses, sagte, der ORF habe sich finanziell auf einer "gefährlichen Abwärtsspirale" befunden. Mit einer Haushaltsabgabe könne man auch künftig den öffentlich-rechtlichen Auftrag erfüllen. Ohne diese wäre es wohl nicht mehr möglich gewesen, so Zach, der von einem "wichtigen Meilenstein" sprach. Er zeigte sich erfreut, dass die Wahl auf eine Haushaltsabgabe und nicht eine Finanzierung aus dem Bundesbudget gefallen sei, biete diese doch "größtmögliche Unabhängigkeit von der Politik".

"Ich hoffe sehr, dass die Politik in den kommenden Wochen eine nachhaltige Finanzierung des ORF sicherstellt und die rechtlichen Rahmenbedingungen so modernisiert, dass der ORF in der digitalen Welt von morgen das jüngere Publikum mit seinen öffentlich-rechtlichen Inhalten erreicht", sagte Stiftungsratsvorsitzender Lothar Lockl der APA. Ziel sei es, auch in Zukunft das beste öffentlich-rechtliche Programm für das Publikum anzubieten.

Heinz Lederer, SPÖ-"Freundeskreisleiter" im Stiftungsrat, meinte gegenüber der APA, dass aus seiner Sicht noch nichts fixiert sei. Man werde der ORF-Geschäftsführung für die Sparmaßnahmen keine "Carte blanche" ausstellen.

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