Staatskredite, drastischer Jobabbau, Technologie-Wende: Die Autozulieferer stecken in einer tiefen Krise und stehen vor einer schwierigen Zukunft. Viele Unternehmen sind in eine Schieflage geraten, schreiben rote Zahlen und setzen massiv den Rotstift an. Zugleich aber müssen sie gerade jetzt viel Geld für die Entwicklung neuer Produkte wie Elektro- und Hybridantriebe ausgeben, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
Ausgerechnet zu Beginn der IAA in Frankfurt sorgte die angespannte Lage beim drittgrößten deutschen Autozulieferer ZF Friedrichshafen für Wirbel. ZF bekommt aus dem "Deutschlandfonds" für notleidende Unternehmen einen Staatskredit von 250 Mio. Euro - und baut 3.500 Stellen ab. Vorstandschef Hans-Georg Härter verkündete düstere Aussichten: Für das Gesamtjahr rechnet ZF mit einem Umsatzeinbruch auf rund 9,2 Mrd. Euro nach zuvor 12,5 Mrd. Euro und erwartet einen Verlust von 500 Mio. Euro.
Der Spezialist für Antriebs- und Fahrwerkstechnik leidet unter der flauen Nachfrage der Nutzfahrzeugbranche und dem eingebrochenen Geschäft in Russland. Und: ZF sei ein großer Kunde von Daimler, und Daimler gehe es derzeit nicht gut, sagt der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Uni Duisburg-Essen. Deswegen dürfe Aussagekraft der Staatsgelder für ZF nicht überbewertet werden. "Insgesamt ist auch in der Zulieferindustrie die Talsohle erreicht."
Dies sieht auch Bernd Bohr so, Chef der Automobilsparte bei Bosch. Der weltweite Branchenprimus, der in den vergangenen Monaten weltweit 8.000 der zuvor noch 168.000 Jobs in der Sparte abgebaut hat, werde in der Automobilsparte im Schlussquartal 2009 in die Wachstumszone zurückkehren. "Aber wir kommen aus einem ganz, ganz tiefen Tal."
Hoffen auf Zukunftstechnologien
Ihre Hoffnung setzt die Branche vor allem auf Zukunftstechnologien wie Elektro und Hybrid. Allerdings dürften noch etliche Jahre vergehen, bis diese Techniken den Durchbruch geschafft haben. Noch gibt es viele Probleme wie bei der Batterie und bei den Kosten für die Fahrzeuge.
Für die Autozulieferindustrie bringe die "Zeitenwende" enorme Chancen, aber auch Risiken, sagt der Auto-Experte Stefan Bratzel von der Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch Gladbach. Denn die Zulieferer seien in einem Dilemma: Sie müssten einerseits Milliarden in die neuen Technologien investieren, um nicht den Anschluss zu verlieren. Andererseits fuße die gesamte Kompetenz und Industrielogik auf der "alten" Technologie des Verbrennungsmotors. "Nur durch den erfolgreichen Verkauf der alten Technologie kann die teure Entwicklung der neuen Mobilitätsformen finanziert werden."
Allerdings erwartet die Zulieferer-Branche keine schnelle nachhaltige Erholung des Geschäfts - im Gegenteil: "Erst 2012 wird wieder auf dem Niveau von 2007 sein", sagt Bosch-Manager Bohr.
Bis dahin stehen die Zulieferer vor schwierigen Jahren. Weitere Pleiten drohen. Seit Beginn der schweren Branchenkrise mussten nach Angaben des Verbandes der Automobilindustrie bereits rund 50 Zulieferer Insolvenz anmelden. Und nicht nur Branchengrößen wie Continental brauchen dringend frisches Geld. Conti hat auf der IAA 2009 gar keinen eigenen Stand mehr - um zu sparen.