"Es sind klare Verhältnisse geschaffen." Mit diesen Worten hat Landeshauptmann Erwin Pröll (V) eine zwischen Bund, Land und ÖBB getroffene Grundsatzvereinbarung bezeichnet, mit der eine "neue Ära" im niederösterreichischen Nahverkehr eingeläutet werden soll. Nach intensiven und auch zähen Verhandlungen sei ein "Gesamtpaket geschnürt" worden, sagte Verkehrsministerin Doris Bures (S) bei einem Pressegespräch in Wien.
Die Grundsatzvereinbarung sieht vor, dass Bund und Land den finanziellen Beitrag für den Schienennahverkehr stufenweise um 4,5 bzw. 8,8 Mio. Euro erhöhen, sodass 2013 vom Bund etwa 178 und vom Land NÖ 26,8 Mio. Euro bereitgestellt werden. Das Grundangebot des Bundes wird mit 22,9 Mio. Zugkilometern pro Jahr auf der Schiene außer Streit gestellt. Die ÖBB wird mit 30 Mio. Euro die Infrastruktur auf der Erlauf- und Traisentalbahn verbessern.
Ebenfalls vereinbart ist, dass Niederösterreich die Schmalspurstrecken (Mariazeller-, Waldviertler-, Ybbstalbahn) im Land, drei normalspurige Verbindungen (Donauuferbahn von Krems nach Sarmingstein, die Verbindungen Retz - Drosendorf und Schwarzenau - Waidhofen a.d. Thaya), die Schneeberg-Zahnradbahn sowie auch sämtliche bereits eingestellten Strecken übernimmt. In den Ausbau dieser insgesamt 600 Kilometer an Gleis werden 140 Mio. Euro - je 45 Mio. von Bund und Land, 50 Mio. von den ÖBB - investiert.
Pröll sprach von einem "Ergebnis, das neue Perspektiven im Nahverkehr in Niederösterreich eröffnet". Er verwies außerdem auf einen neuen Verkehrsdienstvertrag mit den ÖBB, der u.a. zum Inhalt haben werde, dass ab 2013 ein "völlig modernisierter Wagenpark" zum Einsatz kommen soll. Ebenfalls vereinbart würden regelmäßige Qualitätskontrollen. Für die Übernahme der angeführten Strecken ab 2011 nehme Niederösterreich 15 Mio. Euro in die Hand und werde darüber hinaus eine Landesbahngesellschaft gründen, um ein "optimales Angebot" zu erstellen.
Gemeinsame Verantwortung
Bures strich die gemeinsame Verantwortung von Bund und Land heraus, eine "moderne, ökologische und gute Infrastruktur" zur Verfügung zu stellen. Die Übertragung von Gleisanlagen sei nicht erstmalig erfolgt, erinnerte sie an die Zillertalbahn in Tirol oder die Pinzgaubahn in Salzburg. "Wir verabschieden uns nicht", verwies die Ministerin nicht zuletzt auf den gemeinsamen Investitionsschub von Bund, Land und ÖBB.
Dass das Land auch stillgelegte Strecken übernehme, begründete Verkehrslandesrat Johann Heuras (V) mit der geplanten Umsetzung von Tourismusprojekten. Als ein Ziel bezeichnete er es auch, die Mariazellerbahn zu "ertüchtigen und modernisieren". ÖBB-Vorstandschef Peter Klugar gestand ein, noch vor einigen Monaten nicht unbedingt an eine Einigung geglaubt zu haben. Weil das nun der Fall sei, würden die Nutzer des öffentlichen Verkehrs in Niederösterreich letztlich die Gewinner sein. Als wesentliche Basis für den öffentlichen Nahverkehr in NÖ bezeichnete Klugar dessen Gestaltung in Verhandlungen zwischen dem Land und den ÖBB.
SPÖ und Grüne begrüßen Lösung
SPÖ und Grüne in Niederösterreich haben die Grundsatzvereinbarung von Bund, Land und ÖBB zum öffentlichen Nahverkehr begrüßt. Die Einigung zur Übernahme der Nebenbahnen bzw. zur Finanzierung wichtiger Leistungen der ÖBB würden generell neue Chancen eröffnen, sagte LHStv. Sepp Leitner (S). Landeshauptmann Erwin Pröll (V) habe eingesehen, dass nur das Land NÖ die Nebenbahnen vor dem Aus retten und wieder auf Erfolgskurs bringen könne, betonte LAbg. Amrita Enzinger (G).
Dass nun doch mehr Geld für den öffentlichen Nahverkehr in die Hand genommen werde, sei "höchst erfreulich", so Leitner. Die schrittweise Anhebung der Beiträge Niederösterreichs für den Schienennahverkehr sei zur Absicherung des bestehenden Angebots notwendig. Leitner sprach sich überdies für Fahrplanverbesserungen aus, "wie sie seitens der Pendlerinnen und Pendler für viele Strecken gewünscht werden". Die Übernahme der Nebenbahnen durch das Land habe die SPNÖ "seit Monaten gefordert".
Die NÖ Grünen würden davon ausgehen, dass mit der Übernahme der Regionalbahnen "auf dem schnellsten Weg" auch die Modernisierung dieser Strecken eingeleitet werde, so Enzinger. Die Bahnen in Landeshand allein bedeuteten ja noch keine Verbesserung für die Pendler.