Nach zähen Verhandlungen in den vergangenen Wochen und einiger Verwirrung Montagmorgen (27. Juli) ist es nun fix: SPÖ und ÖVP haben sich auf ein neues Postmarktgesetz verständigt. "Infrastrukturministerin Doris Bures hat mit Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka eine Einigung über das Postmarktgesetz erzielt.
Die Regierung wird am Dienstag im Sommer-Ministerrat das lange umstrittene Postmarktgesetz durchwinken. Es stellt sicher, dass auch nach einer kompletten Marktöffnung zu Jahresbeginn 2011 die Postversorgung so flächendeckend bleibt wie bisher und soll Lohndumping bei Postzustellern verhindern. Außerdem stellt es klar, dass die neuen Hausbrieffachanlagen von den Marktteilnehmern und nicht den Hauseigentümern bezahlt werden müssen.
Laut Gesetz wird es künftig in Österreich mindestens 1.650 Postgeschäftsstellen geben. Das entspricht exakt jener Menge, die die teilstaatliche Post AG anstrebt. Allerdings müssen diese Geschäftsstellen keine klassischen Postämter sein, sondern es gelten auch von Nahversorgern betriebene Post-Partner. "Wenn die Post ein Postamt schließt oder wenn ein Postpartner zusperrt, muss die Post einen neuen Postpartner finden oder ein neues Postamt aufsperren. Der Ersatz muss qualitativ gleichwertig sein", hieß es Montagmittag in einer gemeinsamen Aussendung von Verkehrsministerin Doris Bures (S) und Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka (V).
Post liefert bis ins kleinste Bergtal
Universaldienstanbieter - also Zusteller bis ins entlegene Bergtal - bleibt erwartungsgemäß die Post AG. Bezahlt werden die Mehrkosten aus einem Universaldienstfonds. "Beitragspflichtig sind alle konzessionierten Postdienstleister, um das 'Rosinen-Picken' zu verhindern. Betreiber von konzessionierten Postdiensten mit einem Jahresumsatz von mehr als einer Million Euro aus dieser Tätigkeit haben nach dem Verhältnis ihres Marktanteils zur Finanzierung des Ausgleichsfonds beizutragen", heißt es in der Aussendung.
Die Erteilung der Konzession erfolgt durch die Regulierungsbehörde RTR, die auch den Telekommarkt regelt. Sie muss dabei auch die Arbeitsbedingungen bei dem Konzessionswerber berücksichtigen. "Als angemessen gelten solche Arbeitsbedingungen einschließlich der Entlohnung, die im jeweils anzuwendenden Kollektivvertrag festgelegt sind", heißt es dazu von Seiten der Regierung. Dies müssten sich noch die Sozialpartner ausmachen. Bei der Regulierungsbehörde wird überdies eine Beschwerde- und Antragsstelle für Länder und Gemeinden sowie für die gesetzlichen Interessenvertretungen eingerichtet.
Das Postmarktgesetz bringt auch für die lange umstrittene und nach dem VfGH-Urteil von 2006 zum Erliegen gekommene Umrüstung der Hausbrieffachanlagen eine Lösung. Die Errichtungskosten für die für alle Marktteilnehmer zugänglichen Hausbrieffachanlagen tragen die Post AG und die Mitbewerber. Hauseigentümer und Mieter werden nicht zur Kasse gebeten. Die Umrüstung wird von der Post AG vorfinanziert und muss bis Ende 2012 abgeschlossen sein. Betreiber von konzessionierten Postdiensten mit einem Jahresumsatz von mehr als einer Million Euro aus dieser Tätigkeit haben nach dem Verhältnis ihres Marktanteils und nach Köpfen (Gewichtung 90:10) zur Finanzierung beizutragen. Das gilt auch für die Post AG.
Gemäß der 3. EU-Postrichtlinie wird mit 1. Jänner 2011 der Postmarkt vollständig liberalisiert. Das derzeit noch bestehende Briefmonopol der Österreichischen Post AG für adressierte Briefsendungen bis 50 g wird damit wegfallen. "Mit diesem Gesetz werden die zentralen Anforderungen, die durch die EU-Richtlinie zur Postmarktliberalisierung und das Regierungsprogramm gestellt sind, erfüllt. Zugleich wird sichergestellt, dass das Angebot für die Bevölkerung jedenfalls in gleicher Qualität aufrechterhalten und sogar erweitert wird", betonten Bures und Lopatka unisono.
Wenig Freude beim Post-Mitbewerb
Die Mitbewerber der teilstaatlichen Post AG zeigten sich in einer ersten Reaktion enttäuscht über das geplante Postmarktgesetz. Man habe die Chance für eine echte Liberalisierung des Marktes, so wie es auch im Sinne der EU-Richtlinien gewesen sei, versäumt. So habe sich der Gesetzgeber auf Themen verlegt, die nichts mit der Liberalisierung zu tun hätten, hieß es von der Interessenvereinigung "Initiative Zukunft Postmarkt". Als Beispiel wurde der Passus zu den Kollektivverträgen genannt. Laut Gesetz müssen konzessionierte Mitbewerber den in der Branche üblichen Kollektivlohn zahlen.
Lob gab es hingegen von der SPÖ. Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter meinte: "Der immense Einsatz und die klaren Zielsetzungen der Infrastrukturministerin Doris Bures haben sich gelohnt. Die Einigung ist als großer Erfolg zu werten und kommt weiten Kreisen der Bevölkerung zugute." SPÖ-Infrastruktursprecher Anton Heinzl ergänzte: "Ein wirklich schöner Erfolg."
Kritik von FCG
Manfred Wiedner, oberster Christgewerkschafter bei der Post AG, sieht sich durch das neue Postmarktgesetz mit dem am Montag (27. Juli) gestarteten Post-Volksbegehren "Stopp den Postraub" voll bestätigt. "Da sind all die Grauslichkeiten drinnen, die wir mit dem Volksbegehren verhindern wollen", sagte Wiedner zur APA. Schließlich könnten nun noch viel mehr Postämter durch Post-Partner ersetzt werden und die Regelung für den Kollektivvertrag für Post-Mitbewerber sei mehr als schwammig. Das Postmarktgesetz wird am Dienstag von der Regierung im Ministerrat durchgewunken.