Die teilstaatliche Österreichische Post sieht sich beim am Dienstag im Ministerrat abgesegneten Postmarktgesetz gegenüber ausländischen Konzernen benachteiligt und spricht von einem "Rosinenpicker-Gesetz". "Anbieter wie die Deutsche Post/DHL, La Poste Frankreich, Royal Mail Großbritannien, die holländische Post TNT mit ihren österreichischen Tochtergesellschaften werden ihre Leistungen lediglich in den profitablen Ballungszentren anbieten.
Die unrentable flächendeckende Versorgung am Land bleibt laut neuem Gesetz bei der Post", beklagte Post-Chef Rudolf Jettmar in einer Aussendung. Weitere Kritikpunkte der Post AG, die sich zu rund 52 Prozent im Staatsbesitz befindet: Zu wenig Spielraum bei der Umwandlung von Postfilialen zu Post-Partnern und eine Benachteiligung bei der Finanzierung der Hausbrieffachanlagen. Außerdem sei weiterhin unklar, was die Post mit ihren angeblich überzähligen unkündbaren Mitarbeitern machen soll. Derzeit sind rund 600 Postler im "Karriere- und Entwicklungs-Center" (KEC) geparkt. Sie drehen größtenteils Daumen - bei nahezu vollen Bezügen.
Kritik an der Post-Kritik kam postwendend von der SPÖ. Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter: "Was seitens des Postmanagements via Presseaussendung verlautbart wurde, entbehrt für mich jeder Grundlage. Als (ÖIAG-Chef Peter) Michaelis noch den Verkauf der Post an die Deutsche Post forderte, war keine Kritik von der Konzernleitung zu vernehmen - etwas befremdend ist die Haltung der Konzernleitung also schon." Was ein Mindestmaß an Postdienststellen sowie branchenspezifische Kollektivverträge, um Lohndumping zu verhindern, mit einer Bevorzugung nicht-österreichischer Postkonzerne oder "Rosinenpicker"-Modellen zu schaffen haben, sei nicht klar ersichtlich, betonte Kräuter.
Auch Leitl stößt sich an Gesetz
Kritik an dem Postmarktgesetz kam von Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl. "Bei allem Verständnis für die Notwendigkeit von Kompromissen, die Chance auf eine echte Belebung des österreichischen Postmarktes wurde leider nicht ergriffen. Erhebliche Marktzutrittshürden für neue Anbieter verhindern einen effizienten Wettbewerb. Von einer wirklichen Postmarktliberalisierung kann somit keine Rede sein." Positiv sei, den Universaldienst auch im Wege von Postpartnerschaften zu gewährleisten.
Ein bedauerliches Marktzutrittshindernis für neue Anbieter sei jedoch beispielsweise die lange Frist für die Umrüstung der Hausbrieffachanlagen. Auch das vorgesehene Konzessionsmodell erschwere Anbietern, die im bisher reservierten Bereich der Zustellung von Briefen bis zu 50 Gramm tätig werden wollen, den Marktzutritt. "Das bewährte Anzeigesystem reicht für die Sicherung der Dienstleistungsqualität völlig aus und schafft die nötige Transparenz. Es sollte auch im bis dato reservierten Bereich gelten", so Leitl. Sein Resümee: "Österreich ist noch immer Lichtjahre von einer Postmarktliberalisierung entfernt." Die Grünen wiederum meinten, das Gesetz sei eine "koalitionäre Kompromissgeburt". Es gebe demnach keine Qualitätsgarantie für eine flächendeckende Versorgung. Lob kam hingegen vom Pensionistenverband.