890 Millionen versenkte Investmentbanker Flöttl im Herbst 1998 für die Bawag. Jetzt soll der Börsesachverständige Christian Imo prüfen.
Am sechzehnten Verhandlungstag im Bawag-Prozess hat Richterin Claudia Bandion-Ortner am Donnerstag einen Börsesachverständigen bestellt. Christian Imo, früherer Chef der Wiener Börse und gerichtlich beeideter Sachverständiger, soll ein Gutachten über das Handelsverhalten der Gesellschaften von Wolfgang Flöttl abgeben.
Was ist wirklich gelaufen?
Die Richterin will wissen, welche Geschäfte die Firmen des Investmentbankers tatsächlich getätigt haben. Christian Imo wird die Vorgänge unter die Lupe nehmen. In acht Wochen soll seine Expertise vorliegen. "Wir schauen uns die Geschäfte an, die wirklich gemacht wurden", sagte die Richterin. Die Verhandlung werde durch das Gutachten nicht verzögert, zeigte sie sich optimistisch. Christian Imo war bis 1998 Vorstandsdirektor der Wiener Börse AG. Er ist gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für Bank- und Börsewesen sowie Wertpapierhandel und -abwicklungsgeschäfte.
Sommerpause vor der Tür
Heute Donnerstag ist der letzte Verhandlungstag vor einer einwöchigen Pause. Der nächste Verhandlungstermin ist am 20. August angesetzt. Die Richterin begann mit Fragen zum Neuinvestment von 250 Mio. Dollar (181 Mio. Euro) für eine Yen-Option, die von Flöttl gemanagt wurde. Auch dieses Geld, mit dem die BAWAG ab Oktober 1998 die Verluste aus Flöttls Spekulationen am Kapitalmarkt in Höhe von 639 Mio. Dollar zurückverdienen wollte, ging verloren. Insgesamt verspekulierte Flöttl also rund 890 Mio. Dollar an BAWAG-Geldern, weil er auf einen fallenden Yen-Kurs gesetzt hatte. Der Yen fiel aber nicht, das Geld ging verloren.
Freie Hand für Flöttl
Flöttl legte dem Senat dar, dem Vertrag sei eindeutig ein Eigeninvestment der BAWAG zu Grunde gelegen, "mit dem so schnell wie möglich die Verluste gut gemacht werden sollten". Eine von ihm, Flöttl, beherrschte Firma sei als Manager eingesetzt worden und habe "freie Hand, Optionen zu kaufen", gehabt. Flöttl bezeichnete die BAWAG als "sehr dominanten Investor". 70 bis 75 Prozent seines Geschäftsumfangs hätten im Jahr 1998 die Investments der Bank betroffen.
Flöttl: Gewinne bis 800 Mio. möglich
Flöttl betonte, seine von der BAWAG genehmigte Strategie sei zwar "sehr eingeschränkt" gewesen, er habe aber die Möglichkeit gehabt, verschiedene Optionen zu zeichnen. Der Investmentbanker hatte die Intention, mit Long Call Options auf den gegenüber dem Yen steigenden US-Dollar bzw. die Deutsche Mark zu setzen. Seiner Darstellung zufolge wären Gewinne bis zu 800 Mio. US-Dollar zur Gänze an die BAWAG zurückgeflossen. Flöttl betonte, es habe bei den neuerlichen Spekulationen bei Einhaltung der Vertragsbedingungen einen Haftungsausschluss gegeben.
Dies war insofern nicht unwesentlich, als laut Flöttl bei den Yen-Spekulationen ein "großes Risiko" bestand: "Es war klar, das Investment kann auch ausfallen. Es kann auch ein Totalverlust entstehen." Letzteres trat dann auch ein.
"Sehr, sehr viel ohne mich"
Für die ehemaligen BAWAG-Vorstandsmitglieder Christian Büttner, Hubert Kreuch und Josef Schwarzecker war der Inhalt dieses Management Agreements nicht mit dem BAWAG-Vorstandsbeschluss in Einklang zu bringen. Büttner, der als einziges Vorstandsmitglied gegen diese Vorgangsweise gestimmt hatte, stellte fest, der Vorstand habe "den Kauf einer Option auf die Dauer von 15 Monate" abgesegnet, "auf der man dann sitzt und schaut, was am Markt passiert". Das von Flöttl dargelegte Management Agreement sei "ganz klar nicht das, was wir (der Vorstand, Anm.) beschlossen haben". Es sei "interessant, hier zu sitzen und zu sehen, wie es wirklich war", sagte Büttner. Offenbar sei "sehr, sehr viel ohne mich gelaufen".
Ähnlich tönten Kreuch und Schwarzecker. Der Vorstandsbeschluss und das Management Agreement würden "massiv auseinandergehen", befand Schwarzecker. "Die Verträge mit Flöttl decken sich nicht mit dem Vorstandsbeschluss", sagte Kreuch.
Elsner weiß nicht viel
Demgegenüber sahen der spätere BAWAG-Generaldirektor Johann Zwettler und Ex-BAWAG-Generalsekretär Peter Nakowitz keinen Widerspruch zwischen Vorstandsbeschluss und Management Agreement. "Es muss ja klar sein, dass man 250 Millionen nicht in einem Stück zeichnen kann", betonte Nakowitz. Helmut Elsner konnte zu diesem Themenkreis nichts beitragen: "Details, wie das war, sind mir nicht in Erinnerung."