British-Airways-Chef Willie Walsh versuchte erst gar nicht, die Situation der einst so stolzen Fluggesellschaft schön zu reden. Auf einen "Kampf ums Überleben" schwor er die 40.000 Mitarbeiter der größten britischen Airline in einem internen Schreiben ein. Sicher wählte Walsh die dramatischen Worte auch, um den Gewerkschaften Zugeständnisse im Ringen um Sparprogramme, Jobabbau und Gehalts-Nullrunden abzutrotzen. Aber übertrieben hat der Konzernchef wohl nicht. Von Thomas Pfaffe
British Airways steckt - wie die gesamte Luftfahrtindustrie - wegen der weltweiten Rezession in einer Krise. Das vergangene Geschäftsjahr schloss BA mit einem Rekordverlust ab. Im Sommer droht gar ein Streik. Die Konzernspitze funkt "Mayday".
"Nie hat sich unsere Branche in solch einer ernsten Krise befunden. Die Einstellung der Kunden hat sich geändert, die Leute wollen mehr für weniger Geld. Und es wird noch schlimmer. Wir haben den Tiefpunkt noch nicht erreicht", schärfte Walsh der Belegschaft ein. Die Fluglinie müsse daher einen dauerhaften Wandel vollziehen, um das Überleben auf lange Sicht zu sichern.
Tatsächlich haben sich die Zeiten schnell geändert. Zwischen dem frischen Rekordverlust von 401 Mio. Pfund (468 Mio. Euro) und dem Rekordgewinn der Unternehmensgeschichte von 922 Mio. Pfund liegt nur ein Jahr. In dieser Zeit zwang die Wirtschaftskrise zwar nicht nur BA in die Knie, aber die 1987 privatisierte Fluggesellschaft reagiert besonders sensibel auf konjunkturelle Einbrüche. Und ächzt unabhängig davon unter Pensionsverpflichtungen für 100.000 Ex-Beschäftigte.
Nach Analystenschätzungen macht BA zwei Drittel seines Gewinns mit Geschäftsleuten, die auf Firmenkosten Plätze in der First- und Businessclass buchen. Viele dieser Kunden brechen in Krisen weg. Und wenn dann noch die Preise für Treibstoff explodieren, ist das Unternehmen ganz schnell im Sinkflug.
Aubbau von bis zu 4.000 Jobs
Um das Steuer wieder herumzureißen, will Walsh bis zu 4.000 Arbeitsplätze abbauen, also etwa 10 Prozent der Belegschaft. Schon im Vorjahr waren 2.500 Stellen weggefallen. Auch Gehälter sollen eingefroren werden. Im gewissen Maße kommen die Mitarbeiter Walsh entgegen: 800 von ihnen arbeiteten einen Monat gratis, um den Arbeitgeber zu retten. Die 3.200 Piloten nahmen Gehaltskürzungen hin. BA-Chef Walsh selbst verzichtete für einen Monat ebenfalls auf sein Gehalt - bei einer Jahresgage von 743.000 Pfund und einer Aussicht auf einen Millionen-Bonus.
Dennoch sind Konzernspitze und Gewerkschaften auf Kollisionskurs. Das Management will Strukturen ändern, die Arbeitnehmervertreter sind nur zu vorübergehenden Zugeständnissen bereit. Für Walsh nicht genug: "Das Überleben hängt von dauerhaften - und schnellen - Einsparungen ab." Manche BA-Mitarbeiter glauben aber auch, dass Walsh die Rezession nur als Vorwand nimmt, Vergütungen auf lange Sicht zu beschneiden. Und im Stillen hoffen viele sicher auch, dass im schlimmsten Fall die Regierung zur Hilfe kommt.
Mehrere Verhandlungsrunden brachten keinen Durchbruch. Ein Schlichter soll nun helfen, einen Streik im Sommer abzuwenden. Der Ärger der Kunden, Bilder gestrandeter Reisender und der finanzielle Verlust würde die BA-Situation dramatisch zuspitzen. Allein die Aussicht darauf, dass die BA-Flotte am Boden bleiben könnte, dürfte viele Passagiere schon jetzt von Buchungen abschrecken.