Einen düsteren Ausblick auf die nahe Zukunft gibt einer der führenden Experten.
Wien. Walter Boltz, Energie-Experte und Ex-Chef der E-Control, beantwortet in ÖSTERREICH die brennenden Fragen zur Stromkrise.
Kosten: Steigen die Preise jetzt noch weiter?
Schneller. Kunden werden bald noch höhere Rechnungen bekommen: „Die tatsächlichen Preise für Energie sind bisher nur zum Teil an Kunden durchgereicht worden. Die Wiener Turbulenzen werden dazu führen, dass die Erhöhungen rascher bei den Haushalten ankommen.“
Wie hoch können die Kosten noch werden?
5.000 Euro. Ein guter Indikator ist der E-Control-Tarifkalkulator, erklärt Walter Boltz: „Die teuersten Angebote der kleinen Anbieter liegen etwa bei 5.000 Euro für 3.500 Kilowattstunden (Anm.: durchschnittlicher Haushalt). Für Bestandskunden haben Stromfirmen schon vor Längerem Strom gekauft, deswegen ist es derzeit noch billiger. Aber sollten die Marktpreise nicht bald fallen, landen wir bald alle bei diesen weitaus höheren Kosten.“
Können andere Anbieter auch bald betroffen sein?
Viele mit Problemen. Experte Boltz kann nichts ausschließen: „Wir sehen in Europa, dass eine ganze Reihe von Firmen Probleme hat. Aber ich glaube, nach allem, was wir jetzt wissen, dürften die anderen Stromanbieter eine Spur vorsichtiger gewesen sein. Das ist aber keine Garantie, dass sie nicht auch in Turbulenzen kommen. Aber ein Problem dieser Größenordnung hat, hoffe ich, niemand.“
EU will Preisfindung ändern – wird es dann billiger?
Nicht heuer. Derzeit wird der Strompreis nach dem Merit-Order-Prinzip festgesetzt, der teuerste Stromanbieter diktiert die Kosten – die EU will das kippen. Boltz: „Das wird sicher im heurigen Winter nicht wirksam.“
Teuerung dauert noch »weit ins nächste Jahr«
Wir erleben gerade eine Rekordteuerung von 9,3 % – doch es kommt schlimmer.
„Die Preiserhöhungen, die wir auf der Produzentenseite sehen, sind bei Weitem noch nicht auf der Konsumentenseite angekommen“, sagt Beschaffungsexperte Wolfgang Schnellbächer von der Strategieberatung Boston Consulting Group.
30 % mehr. Die Fakten: Der Inflationsindex für Produzenten ist um etwa 30 % gestiegen, für Konsumenten um 9,3 %. Schnellbächer: „Ich habe in den letzten Wochen mit 43 Unternehmen gesprochen: Alle bis auf eines wollen die Preise erhöhen.“ Die Teuerung wird sich laut Experten weit ins nächste Jahr ziehen.