5,1 Prozent Banken-Kapital wäre Liebscher zu wenig

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Der frühere Notenbank-Gouverneur Klaus Liebscher koordiniert heute als Vorstand der staatlichen Finanzmarktbeteiligung AG (Fimbag) das österreichische Bankenhilfspaket. Er rät den heimischen Banken zu einer starken Kapitalausstattung. Nicht nur im Vergleich zum internationalen Wettbewerb, sondern auch, um gegen weitere Schockwellen von außen gewappnet zu sein.

Zwangsbeglückungen lehnt Liebscher ab. Auch in Deutschland sei dies kein Thema. Dort war kurzfristig eine Debatte um "Zwangskapitalisierungen" entbrannt. Die deutsche Regierung hat Anfang der Woche aber klargestellt, nicht daran zu denken, die Banken zur Annahme ihrer Hilfsangebote zu zwingen.

Die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) hat in ihrem jüngsten "Stresstest" für die heimischen Banken errechnet, dass in einem Rezessionsszenario milliardenschwere Kreditabschreibungen die Kernkapitalquote der im Osten besonders exponierten "Big-6" (Bank Austria, Erste Group, RZB, ÖVAG, BAWAG, Hypo Alpe Adria) auf 5,1 Prozent zusammenschrumpfen lassen könnten. Gesetzlich vorgeschrieben ist eine Mindestquote von 4 Prozent. "5,1 Prozent halte ich nicht für beruhigend als Polster", sagte Liebscher am 22. Juli am Rande einer Podiumsdiskussion in Wien zur APA.

CEE-Risiko nicht so groß

Worst-Case-Szenarien wie in einer Studie von Credit Suisse (CS), die im Osten für Österreichs Banken bis zu 69 Mrd. Euro Kreditabschreibungen sehen, kann Liebscher nicht nachvollziehen. "Von einer solchen Zahl habe ich noch nie vorher gehört". Er habe sie aber auch nicht analysiert, hält "Wettbewerbsaspekte" als Hintergründe für solche Publikationen für möglich. Dass Zentral/Osteuropa natürlich auch ein Risiko sei für die Banken, werde niemand bestreiten. Er erinnerte aber daran, dass Investitionen in den USA oder in Westeuropa nicht ganz risikofrei seien.

"Bleiben wir am Boden der Realität", sagte Liebscher in seinem Vortrag. "Die Banken wissen, dass sie Risiken haben". Haben sie zusätzlichen Kapitalbedarf, bestehe die Möglichkeit zur staatlichen Unterstützung. "Ich sehe die Notwendigkeit nicht. Aber die Möglichkeit besteht", so der Fimbag-Vorstand.

Zu den wegen der Finanzmarktkrise nötig gewordenen Banken-Unterstützungsmaßnahmen gab es keine Alternative. "So wie ein Herzinfarkt zum Tod eines Menschen führen kann, kann ein Herzinfarkt im Banksystem den Tod einer Wirtschaft bedeuten."

Klassische Rezession

"Wir haben es mit einer klassischen Rezession zu tun", befand Liebscher zur Realwirtschaft. Er ortet aber Stabilisierung auf niedrigem Niveau. Der Datenlage (Vertrauens-Indices etc.) zufolge "liegt das Schlimmste hinter uns. Wir haben die Talsohle erreicht, aber wir sind noch nicht aus dem Tal heraußen". "Jede Krise geht vorbei. Offen ist der Preis, der dafür zu bezahlten ist", fügte Liebscher hinzu, also nicht zum Preis dauerhaft hoher Schulden. Er trenne zwischen echtem Krisenmanagement und langfristiger Perspektive. Letztere vermisse er.

Klagen der Wirtschaft über eine Kreditklemme hielt der Ex-Notenbankchef entgegen, dass eine der Ursachen der Krise das Nichtberücksichtigen von Bonitäten und eine Konditionenschleuderei gewesen sei. "Die Banken haben in den letzten Jahren ihre Konditionen nicht richtig kalkuliert. Jetzt tun sie es."

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