Alpbach: Mehr Kontrolle für Finanzmärkte verlangt

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Trotz Entwarnungen über die Wirtschafts- und Finanzkrise blicken Politiker und Experten bei einer Diskussionsrunde zum Abschluss der "Reformgespräche" in Alpbach wenig optimistisch in die Zukunft. Der Tenor: Zu wenig Strukturelles habe sich verändert, mit den massiven Stützungspaketen in Europa und Amerika seien nur Symptome bekämpft worden.

Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (V) sieht die Konjunkturentwicklung derzeit "in einer sehr gefährlichen Situation" und bemühte Analogien zur Medizin: Ein kranker Patient, bei dem starke Medikamente erste Wirkungen zeigen, könne nicht automatisch auch gleich aus dem Bett aufstehen, so der Wirtschaftsminister sinngemäß.

Nach der erfolgreichen Stabilisierung der Konjunktur brauche es nun Änderungen bei "Regulierung, Rating und Kontrolle", dort sei aber nichts besser geworden, kritisierte er: "Der springende Punkt ist, dass nichts so weitergehen soll wie bisher."

Einig war man sich am Podium darüber, dass zu großen Teilen am Markt vorbei produziert worden sei. Sozialminister Rudolf Hundstorfer (S) sieht vor allem im Crash der Industrie in Österreich eine zum großen Teil irreversible Entwicklung: Von den 60.000 verlorenen Jobs in dem Bereich würden höchstens 10.000 wieder retour kommen. "Der Rest wird nicht mehr zurückkommen, daraus müssen wir lernen."

Statt falscher Produktion müsse man wohl verstärkt auf "Green Jobs" konzentrieren, meinte er. Und: Bildung sei das Gebot der Stunde, so Hundstorfer. "40 Prozent derer, die im ersten Halbjahr ihren Job verloren haben, hatten als höchste Qualifikation einen Abschluss der Pflichtschule."

Konjunkturprogramm mit Handwerkerbonus

Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl warb erneut für die Umsetzung des von der Kammer vorgelegten neuerlichen Konjunkturprogramms, das unter anderem einen Handwerkerbonus vorsieht. Das Modell habe schon in Deutschland funktioniert, gab er zu Bedenken, eine reine Rechenaufgabe sei es also nicht.

Mitterlehner beharrt allerdings auf seiner Ablehnung. Es sei selten so, dass Konjunkturpakete sich selber tragen, außerdem brauche man ein klares Umfeld. Heuer werde es kein weiteres Paket geben, die Ankündigung jedes weiteren würde nur dazu führen, dass auf die nächsten Pakete spekuliert würde.

Der Kabinettschef von Kommissionsvizepräsidentin Margot Wallström, Christian Lefler, plädierte dafür, alle Stützpakete langfristig zu betrachten. "Kurzzeitmedikationen sind nur palliative Maßnahmen." Die Grüne-EU-Parlamentarierin Ulrike Lunacek kritisierte zu kurz greifende Maßnahmen der Regierung wie etwa die Abwrackprämie. Konsens herrschte darüber, dass neben mehr Kontrolle für die Finanzmärkte vor allem eines wichtig sei, um die Wirtschaft wieder ins Laufen zu bringen: "Innovationen, Innovationen."

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