"Rote Fini"

Bank Austria muss DDR-Mio. zurückzahlen

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Nach einem Schweizer Urteil muss die UniCredit/Bank Austria das Novum-Vermögen von 240 Mio. Euro an die Bundesrepublik zahlen.

Mehr als 20 Jahre nach dem Kollaps der DDR könnten aus dem Vermögen der einstigen Staatspartei SED demnächst mehr als 230 Mio. Euro in die neuen deutschen Bundesländer fließen. Laut "Focus" und "Frankfurter Allgemeine Zeitung" verurteilte das Obergericht des Kantons Zürich die Bank UniCredit (Bank Austria) in zweiter Instanz zur Zahlung von 128 Mio. Euro an die Bundesrepublik, plus fünf Prozent Zinsen über 16 Jahre. Das Geld muss laut Einigungsvertrag den ehemaligen DDR-Ländern gegeben werden. (Aktenzeichen LB080075). Die Bank Austria wird berufen.

Zwangsprovisionen für die "Rote Fini"

Bei dem Geld handelt es sich um das Vermögen der Ostberliner Außenhandelsfirma Novum. Wer aus dem Westen mit DDR-Kombinaten ins Geschäft kommen wollte, musste Zwangsprovisionen an die Novum zahlen, die in den Staatshaushalt oder in die SED-Kasse flossen. Novum-Chefin war die Wiener Geschäftsfrau Rudolfine Steindling, genannt die "Rote Fini".

Bank Austria will berufen

Das Urteil vom 25. März ist noch nicht rechtskräftig. In jedem Fall werde die Bank in nächster Instanz dagegen ankämpfen, sagte Bank-Austria-Sprecher Martin Halama am Samstag. Für die Bank kam das Urteil "unerwartet". Konkret werde die Bank Austria nun nach Ausfertigung des schriftlichen Urteils als prozessführende Nebenintervenientin das Kassationsgericht des Kantons Zürich sowie das Schweizerische Bundesgericht anrufen.

Sollte auch das endgültige Urteil zugunsten der einstigen deutschen Treuhandanstalt ("BvS") ausfallen, könnte sich, aus heutiger Sicht gerechnet, das mögliche Risiko auf 128 Mio. Euro bzw. samt Zinsen auf 240 Mio. Euro belaufen, rechnete die Bank Austria vor.

Der BvS-Anwalt Marco Niedermann glaubt aber, dass das Urteil hält: Zwar könne es noch vor dem Obergericht angefochten werden, doch habe dies bei der Vollstreckung in der Regel keine aufschiebende Wirkung, sagte Niedermann der "FAZ". Zudem werde in der Revision nur noch der Verfahrensablauf, nicht aber die Tatsachenfeststellungen geprüft.

Der Fall hatte nach der deutschen Wiedervereinigung die Wogen hoch gehen lassen. Die Geschäftsfrau Steindling behauptete nach der deutschen Wende, sie habe Novum treuhänderisch für die KPÖ gehalten, und transferierte die Firmen-Millionen von der damaligen Österreichischen Länderbank (später Bank Austria) auf etliche neu gegründete Konten bei deren Tochterbank in Zürich und wieder zurück. Dann legte sie das Geld anonym an. Es ist bis heute auf nicht genannten Konten.

Unter dem deutschen Bundeskanzler Helmut Kohl richtete die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) den Arbeitskreis Koordinierte Ermittlungen ein, eine Sondertruppe zum Aufspüren verschwundener DDR-Gelder. Im September 2003 bestätigte das Oberverwaltungsgericht in Berlin die Rechtsauffassung der BvS, wonach die Novum und ihr Vermögen SED-Eigentum gewesen sind und somit das Geld an die Bundesrepublik gezahlt werden müsste. Schon 1994 hatte Deutschland die Bank Austria verklagt, aber den ersten Prozess verloren.

Jetzt korrigierten die Richter den Urteilsspruch: Die Bank UniCredit als neue Eigentümerin der Bank Austria muss das Geld überweisen, weil sie nach Ansicht der Richter ihre gesetzliche Sorgfaltspflicht verletzt habe. Sie hätte wissen müssen, dass über die Millionen nur mit Einwilligung der Treuhandanstalt verfügt werden durfte. Zudem hätte sie wegen der Umstände der trickreichen Transfers Verdacht schöpfen müssen. Wird das Urteil rechtskräftig, muss die Bank das Geld aus eigener Kasse zahlen, schreibt "Focus" am Samstag.

Die deutschen Behörden, die Treuhandanstalt und die Kommission zur Überprüfung der Partei- und Massenorganisationen der DDR hegten von Anfang an folgende Vermutung, wie auch die heutige "FAZ" wieder bekräftigt: Novum sei ein mit der DDR-Staatspartei SED verbundenes Unternehmen gewesen, weshalb das Geld der Bundesrepublik zustehe. Die Klärung dieser Frage dauerte bis 2004, als das deutsche Bundesverwaltungsgericht die Rechtsprechung seiner Vorinstanzen bestätigte, die Novum gehöre zum Parteivermögen der SED. Sie sei nichts anderes als eine Tarnfirma gewesen.

Während der Rechtsklärung in Deutschland hat das Verfahren in der Schweiz geruht. Das Züricher Gericht habe seine Begründung nun auf die deutsche Rechtsprechung aufgebaut, sagte Anwalt Niedermann laut "FAZ". Er sieht den damaligen Vorwurf bestätigt, die Banken hätten Beihilfe zur Untreue und Geldwäsche geleistet. Steindling habe 1991 umgerechnet 128 Millionen Euro zunächst von Wien nach Zürich, später wieder nach Wien zurücküberweisen lassen, wo sie sich das Geld dann habe in bar auszahlen lassen. Die Bank habe erkennen müssen, dass es nicht Steindlings Geld gewesen sei.

In einem anderen Finanzstreit über SED/Novum-Gelder - alles in allem hatte die Treuhandanstalt umgerechnet 240 Millionen Euro vermisst, die mit der Züricher Gerichtsentscheidung weitgehend wieder sichergestellt wurden - hatte sich Steindling schon Anfang des vergangenen Jahres mit dem deutschen Finanzministerium auf einen "Vollstreckungsvergleich" geeinigt. Damals hatte sie 106 Mio. Euro gezahlt.

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