Almvermessungschaos

EU will 64,2 Mio. Euro von Österreich zurück

Teilen

Landwirtschaftsministerium beruhigt: Betrag wird "wesentlich geringer" ausfallen.

Die EU-Kommission will von Österreich wegen Verfehlungen bei den Almvermessungen allein für die Jahre 2006 bis 2008 die Summe von "bis zu 64,195 Mio. Euro" zurück. Diese Summe bestätigte das Landwirtschaftsministerium am Mittwoch der APA, man gehe aber davon aus, dass der Betrag "wesentlich geringer ausfallen wird". Es handelt sich um eine sogenannte "EU-Anlastung", eine finanzielle Berichtigungsforderung der EU-Kommission, die die Ausgabe der vergebenen Mittel kontrolliert. Die Österreich-Ausgabe des "dlz Agrarmagazins" berichtete am Mittwoch online darüber.

Die wahlkämpfende Salzburger Landeshauptfrau Gabriele Burgstaller (S) hatte gestern in einer Aussendung davon gesprochen, dass in dem Dokument ("Ref Ares (2010)851230 vom 23.11.2010") "in keiner Zeile von einer Verantwortung oder gar von Betrugsabsichten von Bäuerinnen und Bauern die Rede" sei.

Vom Landwirtschafsministerium hieß es, "trotz dieser erstmals von der EU-Kommission angekündigten Anlastung bzw. Rückforderung von EU-Mitteln steht Österreich hervorragend da." Österreich wickle die Förderungen unter allen Mitgliedsstaaten am effizientesten ab. Etwa würden nur 1,9 Prozent des Ausgleichszahlungsbudgets für die Verwaltung aufgewendet.

"Es gibt ein offenes Verfahren von der Kommission und der Republik indem ursprünglich aufgrund eines Prüfbesuches für die geprüften Jahren 2006 bis 2008 von der Kommission ein möglicher Betrag in der Höhe von maximal 64,195 Mio. Euro vorgeschlagen wurde", so ein Sprecher des zuständigen Landwirtschaftsministers Nikolaus Berlakovich (V) zur APA. Man stehe in laufendem Kontakt mit der Kommission, habe handfeste Argumente geliefert, "dass diese Rückforderung in dieser Form nicht rechtfertigt. Das Ministerium erwartet, dass dieser Rückforderungsbetrag wesentlich geringer ausfallen wird."

Laut Burgstaller werde vielmehr aufgelistet, wie das Landwirtschaftsministerium, die AMA und die Bundesländer-Landwirtschaftskammern "gemeinsam über die Jahre versagt haben", so Burgstaller. Jene, die den Schaden verursacht hätten, müssten für diesen auch aufkommen. Das Landwirtschaftsministerium müsse den Schaden begleichen. Ähnliche Fälle aus anderen EU-Ländern zeigten, dass jeweils das zuständige Ministerium und nicht einzelne Bürger für den Schaden hätten aufkommen müssen.

Jedenfalls, so die Landeshauptfrau im momentanen Intensiv-Wahlkampf in ihrem Bundesland, sei keine Rede davon, dass die Verantwortung bei den Almbauern liege, geschweige denn diese Betrugsabsichten bei den Flächenangaben gehabt hätten.

"Die Kritik von Landeshauptfrau Burgstaller ist aus Sicht des Ministeriums nicht nachzuvollziehen. Von Bauern, die sich an die Fördervorgaben halten, wird es keine Forderungen geben", spielte das Ministerium den Ball offenbar doch auch zu möglicherweise schwindelnden Almbauern weiter.

"Richtige Flächenangaben sind die Voraussetzung für künftige Zahlungen. Minister Berlakovich setzt sich massiv für die Bergbauern ein", so ein Ministeriumssprecher. Er erinnerte auch daran, dass - wie berichtet - unter anderem nun eine neue Arbeitsgruppe für die zukünftigen Flächenvermessungen eingerichtet wurde. Rechtssicherheit werde es "künftig" durch Flächenreferenz der AMA geben - und: eine "sanktionsfreie Richtigstellung der Almflächen ist auch rückwirkend möglich. Wenn die Ergebnisse der derzeitigen Nachvermessungen auf den Tisch liegen, werde jeder Einzelfall noch einmal gesondert angeschaut. AMA- und Landwirtschaftskammervertreter seien für drängende Fragen und Hilfestellungen bereit.

Der Salzburger VP-Bauernbund ortete laut dem Agrarischen Informationszentrum (aiz) umgehend das plötzliche Aufspielen Burgstallers als "Retterin der Almbauern", sie halte nur "schöne Wahlreden". Die Landwirtschaftskammern seien den Bauern immer zur Seite gestanden, hätten geholfen Einsprüche gegen Rückzahlungsforderungen zu formulieren. Über die hohe Rückforderungssumme informierte der Bauernbund allerdings nicht.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.